„Das beste Auto der Welt“: Der Mercedes-Benz 450 SEL 6.9 feiert 50. Geburtstag

Von DORIAN RÄTZKE
2025 markiert ein besonderes Jubiläum: Vor genau 50 Jahren, 1975, kam der Mercedes-Benz 450 SEL 6.9 auf den Markt – und die Amerikaner tauften ihn treffend „Hot Rod der Banker“. Für die deutsche Fachzeitschrift auto motor und sport war er damals schlicht „das beste Auto der Welt“.
Aus gutem Grund: Schnell (Spitze 225 km/h nach Werksangabe, gemessen sogar 234,1 km/h), stark (560 Nm maximales Drehmoment) und irgendwie leicht größenwahnsinnig – ein V8 mit 6,9 Litern Hubraum! Ein echter Traumwagen aus Deutschland, knapp 2 Tonnen schwer, ausgestattet mit einer Hydropneumatik, wie man sie von Citroën kannte. Der W 116 in höchster Ausbaustufe war das unangefochtene Spitzenmodell seiner Baureihe – ein rollendes Statement für diejenigen, die es sich leisten konnten.
Zum Beispiel die italienische Film-Diva Sophia Loren, die sich gleich einen 6.9-Kombi bauen ließ – komplett mit einem Hundegitter, damit ihre Hunde nicht nach vorne kletterten. Wir haben für Sie die interessantesten Geschichten rund um den Über-Benz ausgegraben...
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Stattlich und elegant: Mit einer Länge von 5,06 m und einer Breite von 1,87 m gehörte der Mercedes-Benz 450 SEL 6.9 zu den größten Fahrzeugen seiner Zeit.
Luxus mit Preis: Was kostete der 450 SEL 6.9?
Für den Über-Benz musste man tief in die Tasche greifen: Der Listenpreis lag 1975 bei exakt 69.930 D-Mark – nach heutiger Kaufkraft inflationsbereinigt etwa 116.000 Euro (Stand 2025). Dafür hätte man damals auch eine schicke Eigentumswohnung kaufen können. Doch was bekam der Kunde für diese stolze Summe? Eine Serienausstattung, die keine Wünsche offenließ: automatische Niveauregulierung, Automatikgetriebe, Servolenkung, Differentialsperre, innenbelüftete Scheibenbremsen, Tempomat, Klimaanlage, Colorverglasung, elektrische Fensterheber, Halogen-Scheinwerfer, Zentralverriegelung, Hydropneumatik und vieles mehr – Luxus pur für die damalige Zeit.
Technik und Leistung: Meilenstein der Ingenieurskunst
Der 450 SEL 6.9 war ein technisches Meisterwerk. Mit einer Länge von 5,06 m, einer Breite von 1,87 m und einem Radstand von 2,96 m bot er großzügigen Platz. Sein Herzstück war der Achtzylinder-Viertakt-V-Motor mit 6.834 ccm Hubraum, der 286 PS bei 4.250 U/min leistete. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h schaffte er in 8,2 Sekunden (gemessen von auto motor und sport, Werksangabe 7,4 Sekunden).
Bemerkenswert: Zwischen 1000 und 4200 Umdrehung pro Minute fällt das Drehmoment nicht unter 490 Nm – das ermöglichte sanftes Gleiten mit einem jederzeit katapultartigen Vorwärtsdrang bei Bedarf.
Selbstverständlich fragte damals niemand nach dem Verbrauch – bis zu 25 Liter Super auf 100 Kilometer genehmigte sich der bärenstarke V8 in der Stadt. Auf der Autobahn konnten sparsame Fahrer den Durst auf unter 20 Liter drücken. Besonders beeindruckend: die hydropneumatische Federung, Trockensumpfschmierung und Hydrostößel, die den 6.9 auch bei hohen Geschwindigkeiten sicher und komfortabel machten.
Expertenmeinung: „Eine perfekte Langstrecken-Limousine“
„Das war damals einzigartig“, sagt Frank Wilke, Geschäftsführer von classic-analytics, einem führenden Unternehmen zur Marktbeobachtung und Bewertung von klassischen Liebhaberfahrzeugen. „Die leistungsstarke S-Klasse wurde schnell zur mobilen Schaltzentrale der Mächtigen in Europa und der Stars in den USA. Die Kombination aus Power-Antrieb, Sänften-Fahrwerk und verlängertem Radstand machte den 450 SEL 6.9 zur perfekten Langstrecken-Limousine. Insassen konnten lange Strecken schnell, sicher und entspannt zurücklegen. Den Markt der Power-Limousinen gab es vor 50 Jahren noch nicht.“ Im Gegensatz zu Kleinserien wie Monteverdi oder DeTomaso sowie Luxusmodellen von Jaguar oder Rolls-Royce bot der W 116 auch bei Topspeed eine hervorragende Straßenlage. „Etliche Künstler, Manager und Formel-1-Fahrer setzten damals auf den großen Benz als schnelle Reiselimousine. Noch heute zeichnet die besondere Technik den 6.9 aus“, so Wilke.
Ein Star auf der Leinwand: Kultstatus in Filmen
Der 450 SEL 6.9 hatte auch auf der Leinwand seine großen Auftritte. Im Kultfilm Lost Highway (1997) von David Lynch (1946–2025) steuerte Bösewicht Mr. Eddy einen offenbar getunten Benz mit „1400 Horsepowers“ – eine etwas übertriebene Angabe, denn ab Werk leistete die elegante Limousine 286 PS (in der US-Version 253 PS). Mr. Eddy stolz beim Überholvorgang: „This is where mechanical excellence and one-thousand four-hundred horsepower pays off“ (Dt. „Hier zahlen sich mechanischen Spitzenleistung und 1400 PS aus.").
Ein weiterer legendärer Auftritt gelang dem 6.9 in Claude Lelouchs Kurzfilm „C’était un rendez-vous“ (1976). Der französische Regisseur, selbst am Steuer, zeigte eine halsbrecherische Fahrt durch das morgendliche Paris – bei Geschwindigkeiten bis zu 200 km/h. Besonders faszinierend: Die Kamera war an der Stoßstange montiert und filmte eine für damalige Verhältnisse atemberaubende Perspektive, knapp über dem Asphalt.
Nicht unerwähnt bleiben sollte auch die spektakuläre Verfolgungsjagd im 450 SEL 6.9 an der Côte d’Azur, die sich Jean Reno und Robert DeNiro mit Gangstern im britisch-amerikanischen Actionthriller „Ronin" (1988) liefern.

Da blieb wenig Platz, die bis dahin größte Maschine (Typ M 100 E 69) einer Mercedes-Limousine füllte mit ihren Aggregaten den Motorraum des 6.9 komplett aus. Damit der Motor überhaupt hineinpasst, erhielt er eine Trockensumpfschmierung
Prominente Besitzer: Sinatra, der Schah und Formel-1-Stars
Der 450 SEL 6.9 war ein Magnet für Prominente und Leistungsträger. Unter seinen Besitzern fanden sich Größen wie Frank Sinatra, der die Limousine für ihre Eleganz und Kraft schätzte, sowie Formel-1-Piloten wie Nicki Lauda und James Hunt, die die Power des 6.9 auf der Straße genossen. Sogar John F. Kennedy Jr. soll einen 6.9 besessen haben – ein Zeichen dafür, wie sehr das Modell die Elite seiner Zeit faszinierte. Der französische Sänger Claude François fuhr seinen 450 SEL 6.9 von 1976 bis 1978 und überlebte darin 1977 einen Anschlag, bei dem Kugeln Löcher in die Karosserie hinterließen – ein Beweis für die robuste Bauweise des Wagens.
Mohammad Reza Shah Pahlavi (1919-1980), der letzte Schah des Iran, ließ sich zwei gepanzerte „Sechsneuer“ anfertigen. Besonders clever zeigte sich Schauspieler Telly Savalas, deutschen TV-Zuschauern bekannt als „Kojak“: Er handelte sich einen 450 SEL 6.9 und zusätzlich einen 450 SL als Gage für lediglich zwei Tage Werbearbeit für Mercedes-Benz aus. Savalas wusste offenbar, wie man den Luxus des Über-Benz in Szene setzt – und gleichzeitig einen guten Deal macht.
Die teuerste Hundehütte: der 6.9 als Kombi
1977 ließ der deutsche Diplomat Manfred Sittmann bei der Karosseriefirma Brinkmann in Bremen einen 450 SEL 6.9 zum Kombi umbauen – eine absolute Rarität, da Mercedes nie einen Kombi des W 116 anbot. Sittmann, der oft mit seinen zwei großen Hunden und seiner Familie nach Italien reiste, brauchte Platz für seine Begleiter.
Das Magazin „auto, motor und sport“ berichtete über den Umbau und nannte ihn „die teuerste Hundehütte“. Auch Schauspielerin Sophia Loren ließ sich einen 6.9-Kombi bauen – komplett mit einem Hundegitter, damit ihre Hunde nicht nach vorne kletterten. Diese Einzelstücke zeigen, wie flexibel der 6.9 für besondere Wünsche war – wenn man bereit war, den Preis zu zahlen.
Rennerprobt auch in Atlanta
Der 450 SEL 6.9 bewies nicht nur auf der Straße, sondern auch auf der Rennstrecke seine Qualitäten. 1975 wurde das Modell bei der Pressevorstellung in Le Hohwald, Elsass, getestet, und die Journalisten waren begeistert von seiner Performance auf den kurvigen Straßen. Der amerikanische Journalist Brock Yates nahm einen 6.9 für eine besondere Herausforderung: Er fuhr ihn von New York zum Road Atlanta Track in Georgia und drehte dort 40 Runden – mit einem Durchschnitt von über 70 mph (ca. 113 km/h). Bemerkenswert: Der Wagen zeigte danach keine Spuren von Verschleiß, als hätte Yates ihn nur für einen kurzen Einkauf genutzt.
Produktion und Markt: begehrtes Sammlerstück
In der viereinhalb jährigen Bauzeit von 1975 bis 1980 liefen insgesamt 7.380 Fahrzeuge vom Band, davon fanden 1.816 Exemplare ihren Weg in die USA – erkennbar an breiteren Stoßfängern und runden Doppelscheinwerfern. Heute sind „Sechsneuner“ bei Sammlern heiß begehrt. Gut erhaltene Modelle in Zustandsnote 2 kosten laut classic-analytics rund 45.000 Euro, während Top-Exemplare mindestens 75.000 Euro erzielen. „Dafür liegen die Wartungs- und Unterhaltskosten der komplizierten Technik gut doppelt so hoch wie beim 450 SEL“, erklärt Frank Wilke.
Fotos: Mercedes-Benz AG Classic Archiv | Daniel Reinhard für zwischengas.com
Der 450 SEL 6.9: technische Daten im Überblick
- Länge: 5,06 m
- Breite: 1,87 m
- Höhe: 1,41 m
- Radstand: 2,96 m
- Motor: Achtzylinder-Viertakt-V-Motor, Hubraum 6.834 ccm, Leistung 286 PS bei 4.250 U/min, Drehmoment 560 Nm
- Beschleunigung: 0–100 km/h in 8,2 Sekunden (gemessen von auto motor und sport), Werksangabe 7,4 Sekunden
- Höchstgeschwindigkeit: 234,1 km/h (gemessen von auto motor und sport), Werksangabe 225 km/h
- Bauzeit: 1975–1980
Der Mercedes-Benz 450 SEL 6.9 in Bildern
Tacho bis 260 km/h und Wurzelholz: Blick aufs Cockpit des einst besten Autos der Welt
Aufgeräumt, alles an seinem Platz: Der Fahrer eines Sechsneuners saß weich und komfortabel
Blick von oben: der Mercedes 450 SEL 6.9
Der Sechsneuner galt 1975 als bestes Auto der Welt
Der bärenstarke V8 hatte mit der schweren Karosserie keine Probleme
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