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Von Warhol bis Lennon: Wenn das Auto zum rebellischen Kunstwerk wird

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Der Legende nach war es das – vielleicht – schnellste Kunstwerk der Welt. Nur 28 Minuten brauchte Popart-Ikone Andy Warhol, als er 1979 zu Pinsel und Farbeimer griff, um einen BMW M1 Gruppe 4 (Topspeed: 310 km/h) zu bemalen. Es war – nach 1975 – das vierte der legendären BMW Art Cars. Heute soll der bemalte Warhol-BMW mehr als 60 Millionen Dollar wert sein.

Immer wieder haben sich in der Vergangenheit berühmte Künstler an Autos ausgetobt. Neben Andy Warhol gehören auch Keith Haring und Jeff Koons zu den bekannteren „Auto-Malern“. Rock- und Bluesröhre Janis Joplin (1943 – 1970), die sich ironisch-musikalisch einen Mercedes wünschte („Oh, Lord, won't you buy me a Mercedes-Benz?“), ließ ihren privaten Porsche 356 ganz zeitgenössisch mit psychedelischen Farben verzieren (siehe Titelfoto).

Was hat die Künstler an den Vehikeln so fasziniert? Es war wohl die Faszination am Symbol für Freiheit und rauschhafte Geschwindigkeit – aber oft auch Hassliebe. Das Automobil musste stellvertretend herhalten für die Kritik an der Konsumgesellschaft und der gesellschaftlichen Fixierung auf Reichtum und Luxusgüter. Mal wurden Fahrzeuge in Beton versenkt (wie von Wolf Vostell in Köln), mal zusammengepresst (César Baldaccini) oder verhüllt (Christo). Oder in Granit gemeißelt – wie ein Mercedes /8 in Kroatien.

Wir erinnern an die verrücktesten und berühmtesten Kunstaktionen rund ums Auto und zeigen Ihnen, welche Werke für die Ewigkeit geschaffen wurden. Und wir klären die Frage, wie und ob sich „Kunsttuning“ auf den Wert des Klassikers auswirken kann.

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In nur 28 Minuten vollendete Andy Warhol sein automobiles Meisterwerk: Der BMW M 1 zeigt seinen Farbrausch bei hoher Geschwindigkeit, wenn die Linien verschwimmen. Auf dem Rennwagen kann man auch Warhols Fingerabdrücke bewundern, das Heck zeigt seine Signatur.

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Explodierende Cadillacs und bemalte Le Mans-Rennwagen

Als Andy Warhol nach Fertigstellung seines BMW-Kunstwerks gefragt wurde, warum es so schnell ging, sagte er, dass er versuchte, die Geschwindigkeit und Dynamik des Rennwagens durch seine Malerei darzustellen. Warhol: „Ich versuchte zu zeigen, wie das Auto wirklich aussieht. Schnelligkeit hat mir am besten gefallen.“

Der amerikanische Bildhauer Alexander Calder (1898 – 1976) war übrigens der erste Künstler, der von BMW beauftragt wurde, ein Auto zu bemalen. Er kreierte einen auffälligen BMW 3.0 CSL, der später bei den 24 Stunden von Le Mans eingesetzt wurde.

Street-Art-Künstler Keith Haring, bekannt für seine ikonischen, cartoonartigen Figuren, veredelte unter anderem einen BMW Z1.

Eine ganz andere Art von Veredlung erfuhren Autos bei César Baldaccini (1921 – 1998), einem der bedeutendsten französischen Bildhauer (und Schöpfer des César, der Trophäe des französischen Filmpreises). Seine hydraulischen zusammengepressten Autowracks erregten und erregen immer noch Aufsehen.

Die exzentrische Punksängerin Wendy O. Williams (1949 -1998) ließ bei einem Konzert ihrer Band „Plasmatics“ einen Cadillac in die Luft jagen. Auch die amerikanischen „Guerrilla Girls“ –eine feministische Kunstgruppe – haben in einigen ihrer Performances Autos symbolisch zerstört, mit der kruden Begründung, so auf die patriarchalischen Strukturen der Kunstwelt aufmerksam zu machen.

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Explosionsdarstellungen, wilde Streifen und vor allem knallige Farben zeichnen den BMW M3 GT2 aus, der von Jeff Koons im Jahr 2010 verschönert wurde. Der Amerikaner gehört zu den gefragtesten Künstlern der Gegenwart

Christo verpackte VW Käfer

Bevor Aktionskünstler Christo (1935–2020) mit seiner Frau Jean-Claude (1935–2009) im Sommer 1995 den Berliner Reichstag unter riesigen Stoffbahnen verschwinden ließen, verpackten sie schon 1963 für eine Ausstellung einen VW Käfer. Da der damalige Besitzer seinen Käfer nach dem Ende der Vernissage in ursprünglichem Zustand zurückhaben wollte, wurde das Projekt „Wrapped Volkswagen“ 2013 von Christo wiederholt.

Im Zuge der Realisierung des Kunstwerkes entstanden in einer Auflage von 250 Stück von Christo gefertigte Collagen und Drucke. Die nummerierten und handsignierten Exemplare erzielen auf dem Kunstmarkt Preise von über 15.000 Euro.

Und noch ein Klassiker, dessen Lackierung und Bemalung in aller Welt für Aufsehens sorgte: Der Rolls-Royce Phantom V, den Beatle John Lennon 1965 erwarb, wurde zu einem der berühmtesten Autos der Flower-Power-Ära. Ursprünglich in Schwarz geliefert, ließ Lennon das Fahrzeug nach seinen Wünschen umbauen – die Rückbank wurde durch ein Doppelbett ersetzt, eine Audio-Anlage und ein Kühlschrank eingebaut.

Pünktlich zur Veröffentlichung des Albums "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" 1967 erhielt der Rolls-Royce eine psychedelische Sonderlackierung, die ihn zu einer Ikone der 60er-Jahre machte. Der Wagen wurde mehrfach für prominente Ereignisse genutzt, unter anderem für den Besuch der Beatles im Buckingham Palace. 1970 verschifften Lennon und Yoko Ono den Rolls-Royce in die USA, schenkten ihn einem Museum in New York. Der Unternehmer Jim Pattinson ersteigerte den Lennon-Rolls für eine irrwitzige Summe bei einer Auktion und vermachte ihn schließlich 1977 dem Royal British Columbia Museum in Kanada, in dessen Besitz er heute noch ist.

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Psychedelisches Gelb, viele Blumen und Tierkreiszeichen auf dem Dach: John Lennon ließ seinen Rolls-Royce Phantom V beim englischen Karosseriebauer JP Fallon lackieren.

Kann der Künstler den Fahrzeug-Wert beeinflussen?

Steigt jedes Auto im Wert, wenn es durch einen Künstler veredelt wurde? Welche Auswirkungen hat das auf Sammler und Preise?

Klassiker-Experte Frank Wilke (Foto), Geschäftsführer von Marktbeobachter classics-analytics: „Wenn ein renommierter (!) Künstler ein Auto quasi als Leinwand benutzt, wird das Auto dadurch zum Kunstobjekt, entzieht sich dem üblichen Automarkt und wechselt über in den Kunstmarkt, auf dem völlig andere Beurteilungsmaßstäbe gelten.

Vom Auto als Kunstwerk muss man limitierte Editionen von Serienfahrzeugen unterscheiden, bei denen ein Hersteller – meist Luxusmarken – einen bekannten Designer dazu verpflichtet hat, einen individuellen Innenraum oder eine besondere Ausstattung zu kreieren. Solche Editionen liegen auch später überwiegend über dem Wert des Serienmodells, sind aber wertmäßig zum Beispiel nicht mit den Art Cars von BMW vergleichbar.

Es kommt natürlich sehr darauf an, welche Position ein Künstler in der Kunstwelt innehat. Wenn ein lokaler Heimatmaler aus einer Laune heraus ein Auto bepinselt, dann wird der Wert dadurch eher sinken.

Vor etwa 20 Jahren haben wir mal eine Bewertung für den Bentley S1 von Joseph Beuys erstellt. Kurze Zeit später rief dann der damalige Eigentümer, Auktionator Helge Achenbach, bei mir an und hat mich wüst beschimpft, weil ich ja keine Ahnung hätte. Da hatte er nicht ganz Unrecht, denn wir sind ja keine Kunstsachverständigen, sondern bewerten ein Auto als Auto …“ (dr)


Fotos: BMW AG | Keith Haring Foundation | Cai Guo-Qiang | Porsche AG | classic-analytics

Classic Analytics-Chef Frank Wilke in seinem Büro in Bochum

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