Vom Totalschaden zur zweiten Chance: ein Bulli T2 kehrt zurück

Von DORIAN RÄTZKE
Ein Reifenplatzer auf der A7 bei Quickborn löste im September 2023 eine Karambolage aus, die den geliebten 1977er VW Bulli T2 Westfalia eines Oldtimer-Fans in einen Totalschaden verwandelte. Doch statt aufzugeben, kämpfte der Besitzer um seinen Klassiker – und gewann.
Mit Hilfe einer spezialisierten Werkstatt und der Unterstützung von OCC steht der Bulli heute wieder auf der Straße. Eine Geschichte von Durchhaltewillen und der Rettung eines geliebten Familienmitglieds auf Rädern.
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So berichtete die lokale Tageszeitung in Schleswig-Holstein im September 2023 über den Unfall auf der A7 bei Quickborn.
Ein Schicksalstag auf der A7
Es war der 7. September 2023, als Jörg Meyer mit seinem VW Bulli Westfalia T2 (Baujahr 1977) auf der Autobahn bei Quickborn unterwegs war. Eigentlich wollte er schon am Vortag nach Sylt in den Urlaub fahren und auf dem Weg Sperrmüll bei einer Deponie abgeben, die auf der Route lag. Doch die Entsorgungsstation war unangekündigt geschlossen, wie er vor Ort feststellte. „So fuhr ich zurück und startete erst am nächsten Tag Richtung Sylt – eine unglückliche Verkettung von Zufällen, die mich schlussendlich in eine Karambolage auf der A7 geraten ließ“, erzählt der 59-Jährige selbstständige Handwerksmeister aus Bremen. Ein LKW verlor eine massive Reifenkarkasse, die einen vorausfahrenden Pkw zur Vollbremsung zwang. „Der direkte Pkw vor mir, welcher sich gerade von der linken Spur auf die Mittelspur einfädelte, hatte keine Chance, den Auffahrunfall zu vermeiden“, schildert der Bulli-Besitzer. Sein Bremsweg verkürzte sich dramatisch, ein Ausweichen scheiterte: „Letztendlich fehlten 45 cm, um zwischen LKW und den Unfallverursachern hindurch zu schlüpfen.“
Der Bulli prallte mit der linken Vorderfront auf die Hinterachse des Pkws, stieg auf und kippte auf die rechte Seite: „Als alles zum Stillstand kam, stieg ich mit einigen Blessuren, aber von größeren Verletzungen verschont, durch die nicht mehr vorhandene Windschutzscheibe aus.“ Die anderen Beteiligten blieben ebenfalls weitgehend unverletzt, doch der Bulli war ein „Häufchen Elend, zerbeult wie eine Cola-Dose“.
Ein Retter in der Not
Trotz des Schocks war für den Bremer klar: „Der Bulli hatte mich gerettet, nun war es an der Zeit, ihn zu retten.“ Der Totalschaden – ein zerstörtes vorderes Drittel inklusive Achsaufnahme – stellte ihn vor eine Herausforderung. „Es sei nochmals angemerkt, wenn ein vorausfahrender Pkw, der ein ABS besitzt, mit ca. 120 km/h eine Vollbremsung bis zum Stillstand vollführt, ist es für ein Fahrzeug ohne diese technischen Möglichkeiten nicht möglich, im gleichen Abstand zum Stehen zu kommen“, erklärt Jörg Meyer die physikalischen Grenzen seines Klassikers. Doch genau diese Robustheit rettete ihn: „Die Stoßstangenaufnahme und die Längsträger mit ihren Y-Verstrebungen haben so viel Energie aufgenommen, dass mich zwar das Lenkrad traf, aber durch den diagonalen Fahrzeugaufprall zur Beifahrerseite schob.“
Die Suche nach der richtigen Werkstatt
Der Weg zurück auf die Straße war mühsam. „Nach einer 3-monatigen intensiven Suche nach einer Werkstatt, die sich diesen komplexen Schaden annimmt, hatte ich nach neun erfolglosen Versuchen beim zehnten Karosserie- und T2-Spezialisten Glück“, berichtet der Bremer. RS Cars in Dettenheim bei Karlsruhe, geführt von Alex Riefert, nahm die Herausforderung an. „Die Referenzen waren beeindruckend, und so ging unser ‚Intensivpatient‘ im Dezember 2023 auf seine lange Reise." OCC Assekuradeur unterstützte ihn dabei: „Sie machten die vereinbarte Vollkasko-Summe zeitnah abrufbereit und überwiesen nach erfolgter Wiederinbetriebnahme den Restbetrag.“
Ein mühsamer Wiederaufbau
Ab Januar 2024 begann die Rekonstruktion. Zunächst galt es, den Schaden zu sondieren, sich über die Ersatzteilsituation klar zu werden und die beste Strategie zu entscheiden. Der Bulli wurde bis aufs Skelett zerlegt, schadhafte Teile entfernt und mit originalen sowie neuen Karosserieteilen wieder aufgebaut. Nach gründlicher Rostschutz- und Grundierungsarbeit sowie Überarbeitung diverser, schlecht reparierter Altschäden der letzten Jahrzehnte erfolgte die Komplettlackierung“, erzählt Jörg Meyer. Das Herausfinden des richtigen Farbtons, hier gab es bei VW Abweichungen im Modelljahr 1977, brauchte Zeit - doch Ende September 2024 war es so weit: „Die weitgehende Verwendung von unserem vorherigen Interieur gab unserem Bus nicht nur den Bulli-typischen Geruch wieder, sondern er fühlte sich auch wieder wie unser Bus an!“
Zurück im Leben – mit breitem Grinsen
Viele Werkstätten rieten, eine neue Rohkarosserie zu kaufen, doch die Familie lehnte ab: „Dies wäre niemals unser Bulli geworden. Nichts geht über das Gefühl, wieder in unserem Bus, der seit 15 Jahren zu unserer Familie gehört, zu sein.“ Heute fahren sie wieder durch Deutschland und Europa: „Wir freuen uns, mit unserem Bulli viele Sonnenstrahlen in die Welt zurückzugeben – und die meisten Menschen strahlen zurück.“ Der Bulli, einst Lebensretter, ist wieder ein Schatz der Automobilgeschichte – dank Durchhaltewillen und fachkundiger Hilfe. Jörg Meyer: „Weil er letztendlich meine Gesundheit, vielleicht sogar das Leben gerettet hat, haben wir ihn ebenso am Leben erhalten“.
Fotos: Jörg Meyer | OCC
Die Kernsanierung des Bulli-Wracks
Kurz nach dem Unfall. Der Bulli ist umgekippt, liegt auf der Seite
Die Frontpartie wurde durch den Aufprall schwer beschädigt.
Blick von der Beifahrerseite auf die demolierte Tür und Fahrerseite. Jörg Meyer hatte Glück im Unglück und wurde nur leicht verletzt.
Bestandsaufnahme: verformte Stoßstangenaufnahme, A-Säule, Fahrersitzaufnahme und Bodengruppe, sowie angeschlagene B-Säule
Gut erhaltene gebrauchte Originalteile und qualitativ hochwertige Neuteile machen den T2 wieder schön – dazu gehört auch eine brasilianische Front.
Der Unfallwagen quasi entkernt – alle schlechten Teile flogen raus, übrig blieb nur, was noch verwertbar ist.
Nach vielen Stunden der akribischen Feinarbeit geht es zum aufwendigen Neuaufbau, hier strahlt die Karosserie schon in neuem Lack.
Wie fabrikneu: Blick in restaurierten Innenraum des T2
Nach monatelangem kostenintensiven Aufbau ist der Bulli wieder zurück auf der Straße.
So melden Sie Unfallschäden Ihrer Versicherung
- Kommt es zu einem Schadensfall, sichern Sie zuerst sich selbst und andere am Unfall beteiligten Personen.
- Sind Sie und andere Beteiligte nicht weiter verletzt, rufen Sie die Polizei.
Diese nimmt den Unfall oder Schaden auf. - Bei einem Wildunfall informieren Sie zusätzlich die örtliche Forstbehörde.
Diese begutachtet den Tierkadaver, was für eine Rekonstruktion des Unfalls wichtig sein kann. - Dokumentieren Sie den Unfallort sowie Schäden am Fahrzeug gründlich durch Fotos und Videos – auch bei Wildunfällen.
- Die Schadensmeldung an den Versicherer sollte so früh wie möglich erfolgen – die Erinnerung an den Unfallhergang verblasst mit der Zeit und wichtige Details könnten vergessen werden.
Wichtige Angaben sind unter anderem der Name des Schadensverursachers und des Geschädigten, Versicherungsnummer, Zeitpunkt und -ort des Schadens und eine präzise Beschreibung des Schadenhergangs.
Die Fristen sowie die weiteren nötigen Angaben können je nach Versicherungssparte variieren. - Befolgen Sie die weiteren Anweisungen des Versicherers und reichen Sie die Fotos zusammen mit dem ausgefüllten Schadensformular bei Ihrem Versicherer ein.
- Im Kaskoschadenfall entscheidet der Versicherer, ob eine Besichtigung durch einen Gutachter notwendig ist und wird diesen entsprechend beauftragen.
Greifen Sie hier nicht vor und beauftragen selbst einen Gutachter, da Sie die Kosten für diesen ansonsten selbst tragen müssen. - Veranlassen Sie die Reparatur des Schadens an Ihrem Fahrzeug nicht ohne Rücksprache mit dem Versicherer
- Ist der Schaden durch einen anderen Fahrer verursacht worden, sollten Sie die Schadensmeldung an dessen Kfz-Versicherung mit Ihrer eigenen koordinieren. Bringen Sie Ihr Auto nicht ohne Rücksprache mit dem Versicherer in die Werkstatt.
- Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist in Deutschland eine Pflichtversicherung – diese prüft den Schaden nach allen rechtlichen Gesichtspunkten und wird berechtigte Ansprüche ausgleichen und unberechtigte Ansprüche zurückweisen.
- Ohne Teil- oder Vollkaskoversicherung müssen Sie entsprechende Schäden aus der eigenen Tasche begleichen.
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