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Jetzt unterm Hammer! Dieses blonde
Biest war das stärkste Auto der Welt

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Vergessen Sie alles, was Sie je über starke Motoren gehört haben! Für dieses Auto gibt es eigentlich keinen Vergleich. Gestatten: 12 Zylinder Merlin-Motor und 27 Liter Hubraum. 27.000 ccm! Das Guinness-Buch der Rekorde kürte „The Beast“, wie es von seinem Schöpfer und Besitzer John Dodd, genannt wurde, 1973 zum „stärksten Auto der Welt“.

Eins ist klar: Es war sicher auch das verrückteste Auto der Welt. The Beast vereinigt alle Zutaten, die eine gute Geschichte braucht: Zufall, Ruhm, Tragik, Flucht und ein Happy-End. Jetzt wurde das Unikat im Internet auf der britischen Auktions-Plattform Car & Classic für 72.500 Pfund (82.763 Euro) versteigert.

Debut custom car show crystal palace 1972

So debütierte The Beast 1972 auf der Car Show Crystal Palace. Damals noch mit Rolls-Royce-Kühlergrill und anderer Karosserie in roter Farbe.

Die Vorgeschichte begann 1966, als ein gewisser Paul Jameson in England ein maßgeschneidertes rollendes Chassis baute und auf die Idee kam, in sein Auto einen 27-Liter-Meteor-Motor von Rolls-Royce aus einem Panzer einzupflanzen.

In seiner ursprünglichen Form verfügte der Wagen - im Nachhinein als Jameson Mk1 bekannt - über einen Rahmen aus Kastenträgern, eine Jaguar Mark 10-Hinterradaufhängung und eine Frontpartie aus Wolseley 6/99-Teilen. Jameson hatte Mühe, eine geeignete Kupplung und ein Getriebe zu finden. Bis er auf John Dodd traf, einen Spezialisten für Automatikgetriebe und Rolls-Royce Serienbesitzer aus Surrey. Für den Antrieb beauftrage er Dodd, der das Getriebe für den Wagen entwickelte und baute.

Ob Jameson die Arbeit überforderte? Jedenfalls fragte der Dodd eines Tages, ob er das Fahrzeug kaufen wolle. John Dodd zögerte nicht lange und schlug sofort zu.

Der Monster-Motor

Monster-Motor: 12 Zylinder, 27 Liter Hubraum, mehr als 750 PS und ein Verbrauch von mehreren Litern Benzin pro Minute.

Erst Panzer-Motor, dann Flugzeug-Antrieb

Dodd veredelte das Auto weiter. Fibr Glass Repairs, die sonst Dragster-Karosserien bauten und nebenbei auch den berühmten Santa Pod Raceway betrieben, verpassten dem Modell völlig überzogene, fast comicartige Proportionen. Die Windschutzscheibe stammte aus einem Jensen FF, die Heckscheibe aus einem Reliant Scimitar und Sitze aus einem Lotus Elan +2. Den gekürzten Kühlergrill und die Spirit of Ecstasy-Figur spendierte ein Rolls-Royce Corniche - eine Reminiszenz an den Meteor-Motor aus gleichem Hause.

Kurios: Das Fahrzeug wurde von den Behörden offiziell als Rolls-Royce mit 27 Liter-Motor zugelassen. Insgesamt erinnerte The Beast in seiner ersten Version (Mk I) mit seiner Heckparty noch an einen aufgepumpten Ford Carpri in Rot. Bald sollte sich das Äußere ändern. Auf dem Rückweg von Schweden nach England fing der Wagen aus ungeklärten Ursachen plötzlich Feuer. Dodd blieb unverletzt, bekam eine Menge Geld von der Versicherung und nutzte die Gelegenheit, The Beast neu aufzubauen und noch weiter zu verbessern.

Er baute den 27 Liter großen Merlin-Motor (der vorher in einem Übungsflugzeug gedient hatte) ein und verpasste dem Beast mit Hilfe der Fibr Glass Repairs-Profis die Shooting-Brake-Form eines gelben Reliant Scimitar GTE, der offenbar eine Überdosis Muskelpräparate geschluckt hatte.

In der endgültigen Version besaß der Wagen acht (!) Scheinwerfer, die vier Heckleuchten stammten von einem Ford Capri. Dazu kamen eine Austin Westminster-Vorderradaufhängung und -Lenkung und eine Jaguar XJ12-Einzelradaufhängung hinten mit stärkeren Antriebswellen, steiferen Federn, belüfteten Jaguar-Bremsscheiben vorne und einem GM Turbo 400-Dreigang-Automatikgetriebe.

Auf die Frage eines BBC-Reporters 1974, warum Dodd das Auto überhaupt konstruierte, antwortete er trocken: „Es sollte mal etwas ganz anderes werden, schneller als 200 Meilen pro Stunden fahren und aus England sein.“

Tacho

Der Tacho ging bis 240 mph. Das sind fast 390 km/h.

552 km/h schnell?

The Beast wurde überall populär, es hagelte Einladungen zu Messen und Veranstaltungen in ganz Europa. Alle wollten das 27 Liter-Monster mit Rolls-Royce-Kühlergrill und der Spirit of Ecstasy sehen.

Es wurde getuschelt und gemutmaßt, wie stark und wie schnell The Beast wirklich sein würde. 750 PS oder weit über 1.000 Horsepower? Schließlich ging der Tacho bis 240 mph (386 km/h).

Eine Kolumne im englischen Zeitschrift „Custom Car Magazine“ machte sich im Juni 1975 über derlei Größenwahn lustig und attestierte dem Biest einfach eine Endgeschwindigkeit von über 552 km/h. „Viele von uns waren davon überzeugt, dass das Biest zu viel höheren Geschwindigkeiten fähig war, da wir wussten, dass es auf dem Nürburgring offiziell mit 18.000 mph gemessen worden war und für die Zerschlagung von Radarfallen der deutschen Polizei verantwortlich war“, spottete das Magazin.

Die Front

Acht Scheinwerfer und ein Kühlergrill mit JD-Initialen. JD stand für seinen Besitzer und Konstrukteur John Dodd.

Deutscher Baron petzt bei Rolls-Royce

John Dodd ließ keine Gelegenheit aus, Rolls-Royce zu verspotten, die immer noch erzürnt waren, dass der Wagen als ein RR zugelassen wurde.
Höhepunkt des Zoffs: Angeblich soll John Dodd bei einer Fahrt in Deutschland auf der Autobahn einen Porsche überholt haben. An dessen Steuer habe ein Baron gesessen, der sich über den seltsamen Sportwagen wunderte. Er soll danach bei Rolls-Royce angerufen haben, um zu erfragen, was das für ein neues Modell sei. Später kam raus, dass Dodd selbst der Anrufer bei Rolls-Royce war. Seine Story vom Baron nur eine hübsche Legende…

Die königlichen Autobauer waren not amused und zerrten John Dodd mit seinem merkwürdigen Eigenbau-Rolls vor das höchste englische Gericht: Verletzung von Markenschutz-Rechten.

Rückansicht

Platz genug gab es im Kofferraum. Das markante Heck mit den vier Ford Capri-Rückleuchten.

Autobauer zieht vor Gericht

Dodd erinnert sich später im Gespräch mit dem Classic Driver Magazin an den Prozess: „Ich bin zur Anhörung jeden Tag in meinem Merlincar gefahren und parkte direkt vor dem Gericht. Die Vertreter von Rolls-Royce parkten ihren Silver Spirit mit Kennzeichen „RR 1” genau gegenüber. Komischerweise wurden sie abgeschleppt, nicht ich. Am letzten Vormittag der Verhandlung hat sich mein Anwalt selbst entlassen - mit der Begründung, dass ich das Oberste Gericht des Landes verhöhnen würde. Sein letzter Rat war allerdings, an diesem Tag nicht dem Auto vorzufahren, weil es sonst konfisziert und ich es nie wieder zurückerhalten würde.”

Urteil: Dodd sollte eine Geldstrafe von 5000 Pfund zahlen, verlor auch das Berufungsverfahren und verweigerte die Zahlung. Daraufhin wurde er zu einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten verurteilt.

Cockpit

Gestartet wurde der Wagen mit einer ungewöhnlichen Prozedur. Auf dem Pult links in der Mittelkonsole mussten mehrere Schalter (u.a. für die Benzinpumpen) nach einer bestimmten Reihenfolge gedrückt werden.

Flucht nach Spanien

Dodd entzog sich der Vollstreckung und floh mit seinem Beast nach Spanien, genauer gesagt an die Costa del Sol, die damals den Beinamen Costa Del Crime hatte. Hintergrund war das seit 1978 ausgelaufene Auslieferungsabkommen zwischen Spanien und England. Folge: Tausende kleine und große Ganoven von der Insel ließen sich in der Sonne Spaniens nieder, ohne befürchten zu müssen, von der Polizei in den nächsten Abschiebeflieger gesteckt zu werden.

Auch John Dodd genoss fortan das herrliche Klima, den Wein und das gute Essen. Er ließ sich in Malaga mit einer kleinen Werkstatt nieder, um Rolls-Royce oder Bentley-Getriebe zu reparieren. In Malaga veränderte er auch die Front vom Beast: der Rolls-Royce Kühlergrill verschwand, der Wagen erhielt einen Grill mit seinen Initialen JD. Auch das Holzlenkrad zierte die Buchstaben JD.

John Dodd liebte seinen Wagen sehr, bis ins hohe Alter setzte er sich noch selbst ans Steuer. Im Dezember 2022 starb der Brite. Seine Tochter Suzanne
gab auf Dodds Facebook-Seite folgendes Statement ab: "An alle, die es noch nicht gehört haben: Mein Vater John Dodd, der Schöpfer von 'The Beast', ist letzte Woche verstorben. Wir werden ihn schmerzlich vermissen, aber er hat uns viele Momente hinterlassen und seine Legende wird weiterleben."


Einmal im Leben…

Und die Legende wird weiterleben. Am 16. März fiel bei der Auktion der Hammer bei 72.500 Euro (82.763 Euro). Erwartet wurde eigentlich, dass The Beast deutlich die 100.000 Pfund-Marke überspringt.

Auf der Auktionsseite von Car & Classic hieß es: „Es wurde ein Leben lang gehegt und gepflegt, es wurde benutzt und in Schuss gehalten, und als solches verdient es dasselbe in seinem nächsten Kapitel. Im Grunde genommen ist dies jedoch ein Auto, auf das das alte Sprichwort "einmal im Leben" wirklich zutrifft. Es gibt keinen anderen, es wird keinen anderen geben, und wer ihn kauft, wird es nicht eilig haben, ihn wieder loszuwerden. Wer es verpasst, hat wirklich etwas verpasst…“

Eben ein echtes Biest – für immer. (dr)

Fotos: Car & Classic | https://www.facebook.com/johndoddbeast

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