Sparbüchsen mit Fahrspaß: die effizientesten Modelle der Autogeschichte
Es war im Oktober 1999, als bei den Volkswagen-Händlern der Verkauf einer kleinen Revolution auf vier Rädern startete: der Lupo 3L TDI, ein Auto, das den verheißungsvollen Titel "3-Liter-Auto" trug. Mit einem Verbrauch von nur drei Litern Diesel auf 100 Kilometer war der Lupo das Sparwunder seiner Zeit und ließ die Konkurrenz alt aussehen.
Doch VW war nicht der erste Hersteller, der erkannte, dass weniger manchmal mehr ist. In den Jahrzehnten zuvor hatten findige Ingenieure immer wieder Fahrzeuge entwickelt, die trotz bescheidener Motorleistung große Reichweiten erzielten. Aber auch Effizienz spielte eine große Rolle: Wie hoch ist der Wirkungsgrad, wie viel Energie geht verloren?
Werfen Sie mit uns einen Blick zurück auf die sparsamsten und innovativsten Motoren der jüngeren Automobilgeschichte: darunter finden sich auch Exoten wie der VW XL1 oder der BMW 325e. Aber auch diese Modelle beweisen: Sparsamkeit und Fahrspaß müssen sich nicht ausschließen!
Wir haben außerdem Wissenschaftler Prof. Dr. Ing. Frank Atzler, Inhaber des Lehrstuhls für Verbrennungsmotoren und Antriebssysteme an der TU Dresden, zum Motorenthema befragt. Er erklärt, warum man beim fairen Vergleich der Kraftstoffverbräuche dem Benziner einen 10%igen Bonus einräumen müsste und welche Motoren ihn am meisten beeindrucken. Genug Gesprächsstoff also für die nächsten Klassiker-Treffen oder Oldie-Stammtische....
VW XL1
Exklusiver ging es kaum: zu einem Neupreis von 110.000 Euro konnten 200 handverlesene Interessenten im Jahr 2014 den VW XL1 erwerben. Das futuristische Design (Kohlefaser-Karosserie) war radikal auf geringen Windwiderstand (cW-Wert von 0,19) getrimmt. Der Hybrid-Antrieb (Zweizylinder-TDI mit 0,8 Litern Hubraum und 48 PS plus 27 PS Elektromotor) sorgten für einen Verbrauch von 0,9 Litern (!) auf 100 km. Heute ist der extrem rare XL1 ein begehrtes Sammlerstück.
BMW 325e (E30)
Ein Sonderling in der 3er-Baureihe des E30 war der BMW 325e (von 1985 bis 1987 gebaut). Der griechische Buchstabe e (wie Eta) steht für Wirkungsgrad. Denn das maximale Drehmoment des Benziners von 230 Nm lag schon 3250 U/min. an. Der rote Bereich im Drehzahlmesser des 325e setzte bereits bei 4500 Touren ein. Hubraum der Sechszylindermaschine: 2,7 Liter, Leistung 122 PS. Ausgestattet mit einem Fünfgang-Schongetriebe beschleunigte er in 10,1 Sekunden auf 100 km/h (Spitze: 193 km/h).
DAF 33
Im holländischen Born (Provinz Limburg) produzierte DAF von 1967 bis 1974 den DAF 33. Der Kleinwagen, den es auch als Kombi und Pick-up gab, hatte einen Zweizylinder-Boxermotor (0,75 Liter Hubraum) mit 30 PS Leistung unter der Haube. Der Verbrauch der nur 665 kg leichten Limousine lag durchschnittlich bei etwa 6 Litern auf 100 km.
Fiat 500 (Typ 110)
Der Fiat 500 ("Cinquecento", bzw. „Nuova 500“ in Abgrenzung zum Topolino) war Italiens Antwort auf den Bedarf nach erschwinglicher und sparsamer Mobilität in der Nachkriegszeit. Der kleine Stadtflitzer, eingeführt 1957, war mit einem winzigen 479 ccm Zweizylinder-Motor ausgestattet, der lediglich 13,5 PS leistete. Doch es war nicht die Leistung, die den Fiat 500 berühmt machte, sondern sein äußerst geringer Verbrauch. Mit einem Durchschnittsverbrauch von etwa 4-5 Litern pro 100 Kilometer war der Fiat 500 ein Vorreiter in Sachen Effizienz. Seine geringe Größe, das niedrige Gewicht und der sparsame Motor machten ihn zu einem beliebten Fahrzeug in den belebten und engen Straßen italienischer Städte. Insgesamt wurden bis 1977 exakt 3.702.078 Exemplare gebaut.
Audi A2 1.2 TDI
Der 1999 vorgestellte Audi A2 erhielt ab dem Baujahr 2001 auch den Dreizylinder-Turbodiesel (1,2 Liter Hubraum, 61 PS) aus dem VW Lupo. Um den Verbrauch weiter zu drücken, verbaute Audi serienmäßig besonders leichte Räder aus einer Aluminium-Magnesium-Legierung und 145/80 R14-Reifen mit geringem Roll- und Luftwiderstand. Ergebnis: Mit einem Normverbrauch von 2,99 l auf 100 km war der A2 1.2 TDI für lange Zeit das einzige, in Großserie produzierte fünftürige Dreiliterauto.
Honda Civic CVCC
Der Honda Civic CVCC (1972 – 1979 gebaut) war ein technisches Wunderwerk seiner Zeit. Mit dem „Compound Vortex Controlled Combustion" (CVCC) – Motor setzte Honda neue Maßstäbe in der Emissionskontrolle und Effizienz. Der Civic CVCC verbrauchte etwa 6,5 Liter pro 100 Kilometer und war eines der ersten Autos, das die strengen US-Abgasnormen ohne Katalysator erfüllte.
Peugeot 205 Diesel
Ein Sinnbild für Sparsamkeit und Zuverlässigkeit war auch der Peugeot 205 Diesel in den 1980er Jahren. Mit einem 1.8-Liter-Dieselmotor und einem Verbrauch von etwa 4,5-5 Litern pro 100 Kilometer wurde der 205 Diesel schnell populär in Europa und setzte neue Maßstäbe für Kleinwagen mit Dieselmotor. 1985 und 1986 war der Peugeot 205 das erfolgreichste Importmodell in Deutschland.
Honda Insight
Der Honda Insight (Baujahr 1999) war das erste Hybridfahrzeug, das in den USA verkauft wurde. Mit seinem 1.0-Liter-Dreizylinder-Motor und einem elektrischen Motor unterstützte der Insight eine außergewöhnliche Effizienz von etwa 3,4 Litern pro 100 Kilometer. Die Kombination aus Aerodynamik und Hybridtechnologie machte ihn zum Vorreiter moderner, sparsamer Fahrzeuge. Der Honda Insight war somit das erste serienmäßige 3-Liter-Auto mit Ottomotor. In Deutschland wurde das Niedrigenergiefahrzeug nie offiziell angeboten.
VW Lupo 3L TDI
Der Volkswagen Lupo 3L TDI setzte 1999 neue Maßstäbe für Dieselfahrzeuge. Mit einem 1.2-Liter-Dreizylinder-Turbodieselmotor und einem Verbrauch von nur drei Litern Diesel pro 100 Kilometer war der Lupo ein Meilenstein in der Effizienz. Leichtbau und modernste Technik machten ihn zu einem Pionier auf dem Weg zu nachhaltigeren Autos. Der Dreizylinder-Turbodiesel wurde mit einer speziellen Getriebesteuerung verknüpft, die neben einer Start-Stopp-Funktion auch das „Segeln" ermöglichte, ein freilaufartiges Rollen, wenn der Motor nicht im Eingriff ist.
Effizienz und Leistung bei Verbrennern: Das sagt der Wissenschaftler
Kann man den Kraftstoffverbrauch von Diesel und Benzinern wirklich so einfach vergleichen?
Prof. Dr. Ing. Frank Atzler, Inhaber des Lehrstuhls für Verbrennungsmotoren und Antriebssysteme an der TU Dresden: „Wenn man am Stammtisch Kraftstoffverbräuche vergleicht, müsste man fairerweise dem Benziner einen 10%igen Bonus zugestehen. Denn Benzin hat eine um 10 % geringere Dichte als Diesel. Und nachdem der Energieinhalt von Kraftstoff auf das Gewicht bezogen wird, also in kWh/kg oder Megajoule/kg angegeben wird, hat der Liter Benzin ungefähr 10 % weniger Energie als der Liter Diesel.
Bei der Durchsicht der Daten von Benzin- und Dieselfahrzeugen fällt auf, dass die Nennleistung bei Dieselmotoren meist im Bereich von ca. 4000 Motorumdrehungen pro Minute zu finden ist, bei Benzinern eher bei 6000 1/min.
Wieso dreht der Diesel nicht höher und was lernen wir daraus?
Der Dieselmotor erreicht höhere Drehzahlen deshalb nicht, weil die Einspritzung und Gemischaufbereitung dann nicht mehr schnell genug sind!
Kleines Zahlenbeispiel: Bei 3000 1/min Motordrehzahl sind das 50 Umdrehungen pro Sekunde, also 1 Umdrehung in 2/100 sec. Eine halbe Umdrehung, also ein Hub, dauert dann 1/100 sec oder eleganter ausgedrückt 10 Millisekunden (abgekürzt ms). Wenn nun die Einspritzung und Verbrennung (beides läuft beim Diesel etwa gleichzeitig ab) bei Nennleistung etwa 45° Kurbelwelle, also 1/8 Umdrehung dauern dürfen, dann stehen für diese Vorgänge nur 2,5 ms, also 2,5 Tausendstel Sekunden zur Verfügung. Schneller geht es mit der jetzigen Technik einfach nicht.
Allerdings dreht man den Motor ja eher selten bis zur Nenndrehzahl. Wenn man jetzt weiß, dass die Leistung = Drehmoment x Drehzahl ist, kann man sich leicht ausrechnen, welche Leistung man gerade in Anspruch nimmt.
Nehmen wir einen 2-Liter-Turbo-Motor, egal ob Benzin oder Diesel, dürfen wir heute über ein breites Drehzahlband mit ca. 400 Nm Drehmoment rechnen. Fährt man jetzt einen Berg hinauf, bei dem weiteres Durchdrücken des Pedals keinen zusätzlichen Vorschub erzeugt, fährt man an der sogenannten Vollast. Der Motor ist an seiner Leistungsgrenze. Ist man bei 2000 1/min unterwegs, dann entspricht das einer Leistung von (2000 1/min x 400 Nm) geteilt durch 10000 (das ist ein Umrechnungsfaktor für die Einheiten „1/min“ und Nm und eigentlich ist der ganz genau 9549).
Es kürzen sich vereinfacht also 4 Nullen weg: Das Ergebnis ist dann 2 x 40 = 80 kW, also knapp 110PS. Bei 3000 1/min wären das dann 120kW = 163PS, usw. Übrigens: um 140 km/h in der Ebene zu fahren, braucht man für ein Fahrzeug der „Golf-Klasse“ ca. 30 – 40 kW."
Deutsche Ingenieurskunst: der 1.2 TDI-Motor von VW. Im Lupo und im Audi A2 drückte er den Verbrauch auf durchschnittlich drei Liter Diesel auf 100 km.
Diese Motoren begeistern Prof. Atzler
Welche Motoren haben Sie nachhaltig beeindruckt?
Prof. Dr. Ing. Frank Atzler: „Ich bin ein großer Fan von Alltagsmotoren. Die müssen lange halten, dürfen nur wenig Energie verbrauchen und sollen auch noch Spaß machen. Außerdem bin ich ein Freund moderner Motoren: Wasserkühlung, Hochdruck-Direkteinspritzung, Aufladung mit Ladeluftkühlung, elektronische Motorsteuerung, verstellbare oder schaltbare Nockenwellen und derlei mehr haben uns sehr leistungsfähige, sparsame, haltbare und unterhaltsame Triebwerke beschert und seit Einführung der Euro 6d auch real niedrige Emissionen, echte kleine Wunderwerke der Technik."
Gibt es konkrete Modelle, die Ihnen gefallen?
Prof. Atzler: „Mir fallen da sofort die beiden GTs von Volkswagen ein, der GTI und der GTD. Beide haben um die 400Nm, der GTD mit 200PS (147kW) bei etwa 3700 1/min der GTI 300PS (220kW) bei etwa 5500 1/min (kann man mit der Formel oben leicht nachrechnen). Man sieht sofort: bis 3700 1/min sind beide Motoren leistungsgleich, danach zieht der Benziner mit seiner Drehzahlreserve davon. 50 % mehr Drehzahl = 50 % mehr Leistung!!
Mit sehr brauchbaren Fahrwerken sind das also „Volkssportwagen“ zu erschwinglichen Preisen (verglichen mit dem einen oder anderen „echten“ Sportwagen). Der Ford Focus 2,5 Liter-5 Zylinder und der Nachfolger mit 2 Liter-4 Zylinder und 350 PS wären da sicher auch zu nennen. Aber auch der 1 Liter-3 Zylinder von Ford ist ein technisches Kleinod, mit dem man wirklich sparsam fahren, aber mit 125PS auch mal die Sau rauslassen kann.
Weitere beeindruckende Motoren: KTM 1290, ein wahrliches Monster, wunderbar zu fahren, das Wort Leistungsmangel ist nahezu unbekannt. Am anderen Ende der Skala KTM 390: ein quirliges kleines Motörchen, dessen 44 PS man reuelos auspressen darf und das einem in diesem leichten handlichen Motorrad auf der Landstraße sofort ein breites Grinsen ins Gesicht zaubert. Und das bei einem Verbrauch von um die 4 Liter/100km! Ach, es gäbe noch so viele mehr...“ (dr)
Mehr Infos über die Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ der TU Dresden
finden Sie hier.
Fotos: BMW AG | VW AG | Stellantis | Zwischengas.com | Honda Motor Europe Ltd. | Audi AG |
Prof. Dr. Frank Atzler über die Effizienz von Dieselmotoren, Benzinern, E-Motoren und E-Fuels
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