Monterey Car Week Auctions:
Bringt dieser Ferrari 20 Millionen Euro?
Oldtimer-Enthusiasten aus der ganzen Welt blicken dieser Tage wieder gespannt nach Kalifornien. Wie jedes Jahr im August kommen bei der berühmten Monterey Car Week (16. 08. – 19.08.) überaus wertvolle und rare Klassiker unter den Hammer. Letztes Jahr wechselten Fahrzeuge im Gesamtwert von 456 Millionen Dollar (418 Millionen Euro) den Besitzer. Den höchsten Preis erzielte vor 12 Monaten ein 1955er Ferrari 410 mit 22 Mio. Dollar (ca. 20 Mio. Euro).
Die Auktionen der bekannten Häuser RM Sotheby´s, Bonhams und Mecum zeigen, welchen Weg die Oldtimer-Preise in den nächsten Monaten nehmen. Geht es weiter nach oben, bleibt es stabil oder gibt es eine Kurskorrektur? Oldtimer-Experte Frank Wilke vom Marktbeobachter classic-analytics ist vor Ort: „Es werden dieses Jahr einige außergewöhnliche Autos versteigert werden.“ Wir stellen die interessantesten Angebote vor.
Der von RM Sotheby`s versteigerte 1964er Ferrari 250 LM könnte seinem Nocheigentümer deutlich mehr als 20 Millionen Dollar bringen
Le Mans-Hype könnte Preise nach oben schießen lassen
Zu den Fahrzeugen, die neue Preisrekorde brechen könnten, gehört ein 1964er Ferrari 250 LM. Besonderheit: Er hat 1968 am 24 Stunden Rennen in Le Mans teilgenommen. Renn-Ikonen wie Mike Hailwood, Innes Ireland und Mike Parkes saßen bei diesem Wagen am Steuer. Der Ferrari hat noch den Original-Motor und das Getriebe, das in Le Mans verwendet wurde. 2021 wurde der Klassiker umfassend restauriert und besitzt eine Zertifizierung von Ferrari Classiche. Schätzpreis: 18 – 20 Mio. Dollar.
Gerade Le Mans-Rennwagen haben derzeit Hochkonjunktur, feiert das 24-Stunden-Rennen in diesem Jahr doch seinen 100. Geburtstag. „Oldtimer-Enthusiasten sind auf Autos gespannt, die mit diesem berühmten Rennen in Verbindung stehen. Frühere Teilnehmer des 24-Stunden-Events, die jetzt den Auktionsblock überqueren reichen von einem frontgetriebenen Alvis von 1928 bei Bonhams bis hin zu einem Ferrari 550 von 2001, der von Prodrive bei RM Sotheby's angeboten wird. Das mittlere untere Estimate für die 12 Autos beträgt 3 Millionen US-Dollar“, erklärt Oldtimer-Spezialist Frank Wilke von Marktbeobachter classic-analytics. Zu den Top-Angeboten gehört auch ein Ferrari 412 P (Bonhams), der ebenfalls eine Le Mans-Vergangenheit hat.
Lot 146 bei Gooding: Porsche RS60 (Baujahr 1960), eins von nur 17 gebauten Exemplaren, mit US-Rennhistorie. Schätzwert: bis zu 6,5 Millionen Dollar.
Von Cayenne bis Porsche 550A Prototype
Die zweitbeliebteste Marke nach Ferrari bei den Monterey-Auktionen ist Porsche. Frank Wilke erläutert: „Obwohl mittlerweile eher Amelia Island der Ort ist, um außergewöhnliche Porsche zu kaufen und zu verkaufen, wird es in Monterey viele begehrte Exemplare geben. Mit der Porsche Rennsport Reunion nur einen Monat später in der Nähe von Laguna Seca sind die Auktionen ein guter Ort, um etwas Neues für das bevorstehende Rennen zu finden. Es wurden etwas über 100 Porsches für die Auktionen eingeliefert, mit Angeboten, die von einem Porsche Cayenne S aus dem Jahr 2017 bei Mecum bis hin zu einem Porsche 550A Prototype Le Mans Werks Coupe aus dem Jahr 1956 bei RM Sotheby's reichen.“
Der 1987er Citroën BX 4TC, der mindestens 100.000 Dollar wert ist. Vermutlich das letzte Fahrzeug der ersten Homologationsserie, das noch existiert.
Citroën BX für 150.000 Dollar?
Normalerweise zahlt man für gebrauchte Citroën BX in Deutschland um die 5000 Euro (je nach Zustand, Ausstattung und Fahrleistung). In Monterey wird von RM Sotheby`s ein Citroën BX angeboten, der 150.000 Dollar (!) wert sein soll. Es ist das Modell BX 4TC, das auf der Stahl-Monocoque-Chassis und dem hydropneumatischen Federungssystem des Serien-BX aufbaut.
Unter der Haube wummert jedoch eine aufgeladene Version des 2,2-Liter-Serienmotors mit 200 PS (220 km/h Spitze). Es ist die homologierte Version der Rallyevariante „Evolution“ (380 PS). Nur 200 Exemplare wurden in den 80ern in zwei Serien produziert.
Warum der hohe Wert? Laut RM Sotheby`s wird vermutet, dass das Monterey-Exemplar mit der Original-Fahrgestellnummer XL0069 das vorletzte Auto der ersten Serie sei – und das letzte Fahrzeug, das überlebt hat.
Lot 139 bei Gooding: ein Bugatti Type 55 Roadster (Baujahr 1933), Schätzwert: 8 - 10 Millionen Dollar, das Startgebot liegt bei 4 Mio. Dollar.
100 Millionen Dollar mit Vorkriegsmodellen
Aber auch Vorkriegsfahrzeuge sind weiterhin begehrt. Hier rechnen die Experten mit Umsätzen um 100 Millionen Dollar. „Fast ein Fünftel der Einlieferungen zu den Auktionen wurde vor dem zweiten Weltkrieg gebaut. Die Werte reichen von 30.000 Dollar für ein Lincoln Model L von 1922 bei Bonhams bis zu 8 Millionen Dollar für einen Bugatti Type 55 Roadster von 1933 bei Gooding“, erzählt Frank Wilke.
Zu den wertvollsten Marken zählt auf den Monterey-Auktionen weiterhin Duesenberg. Sieben dieser Duesenbergs werden angeboten, alle haben einen durchschnittlichen unteren Schätzpreis von 1,8 Millionen Dollar.
Autozam AZ-1: japanischer Minisportler mit Flügeltüren und Heck-Spoiler
Starke Nachfrage nach Japanern
Auf Interesse bei Sammlern stoßen auch immer wieder japanische Modelle, die bei Markteinführung weder in den USA noch in Europa verkauft wurden. Frank Wilke verweist hier auf zwei Toyota 2000GT (Schätzpreis 800.000 – 1.100.000 Dollar) aus dem Jahr 1967, die bei Broad Arrow und Gooding angeboten werden.
RM Sotheby`s hat den 2000GT-Nachfolger, den Lexus LFA, im Angebot. Von dem Supersportwagen (560 PS, 325 km/h Spitze) wurden 500 Exemplare produziert, 14 Käufer fanden sich in Deutschland. „Der LFA-Markt scheint stark zu sein, es könnte sein, dass der von Sotheby’s versteigerte LFA sogar mehr bringt als die Toyota 2000GT, obwohl die einen höheren Schätzwert haben“, so Experte Frank Wilke.
Ebenfalls bei Broad Arrow als Lot: Ein Honda NSX Type R (diese gewichtsreduzierte Variante wurde zwischen 1992 und 1995 in 483 Exemplaren für den japanischen Markt gebaut) wird auf 550.000 – 600.000 Dollar geschätzt.
Unter der Marke Autozam brachte Mazda 1992 einen kleinen Sportwagen mit Mittelmotor (Dreizylinder-Turbo mit 63 PS, 140 km/h Spitze) und Flügeltüren auf den Markt. Der weiße Autozam AZ-1 (nur 4392 Einheiten wurden produziert) soll mindestens 30.000 Dollar bringen.
Auf der Monterey Car Week findet sich für jeden Geldbeutel der passende Klassiker… (dr)
Fotos: RM Sotheby's | Broad Arrow Auctions | Gooding & Company | Frank Wilke
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Kenner sehen hier keinen Schrotthaufen, sondern die Reste eines 1954er Ferrari 500 Mondial Spider der 1. Serie. Es ist eins von 13 Exemplaren, das ursprünglich mit der Spider-Karosserie von Pininfarina hergestellt wurde. Lot 140 bei RM Sotheby`s, Schätzpreis: 1,2 - 1,6 Millionen Dollar.
Update (25.08.23): Zweithöchster Gesamterlös aller Zeiten
Die Monterey Car Week 2023 ist inzwischen Geschichte. Über 1.200 Fahrzeuge, darunter mehr als 150 Fahrzeuge im Wert von über 1 Million Dollar, wurden fünf Auktionen angeboten. Dabei erzielten die Auktionen einen Gesamtumsatz von 400,1 Millionen Dollar (Verkaufsquote von 68 Prozent). 2022, das Rekordjahr, lief besser: Umsatz 473 Millionen Dollar, Verkaufsquote 78 Prozent.
Woran liegt es? Frank Wilke, der für Marktbeobachter classic-analytics vor Ort war, schätzt die aktuelle Situation so ein: "Der leicht abkühlende Markt, den man in den letzten 15 Monaten beobachten konnte, erreichte die Monterey-Auktionen. Resultat in einer Umgebung mit höheren Zinssätzen, einer erhöhten Disziplin im oberen Marktsegment, einer schwächeren Nachfrage von neuen Sammlern und höhere Preise, die Käufer im oberen Marktsegment zögern lassen."
Der oben im Artikel erwähnte 1964er Ferrari 250 LM wurde bei einem Höchstgebot von 17 Millionen Dollar nicht verkauft (Schätzpreis 18 - 20 Millionen Dollar). Immerhin wechselte ein 1967er Ferrari 412P bei Bonhams für 30,2 Millionen Dollar den Besitzer. Frank Wilke: "Beobachter fragten sich nach einer eher gedämpften Präsentation, warum es nicht mehr Gebote gab. Es war immer noch ein starker Verkauf und belegte den fünften Platz auf der Liste der öffentlich versteigerten Autos aller Zeiten, obwohl einige Schätzungen das Auto auf bis zu 40 Millionen Dollar taxierten."
Im Gegensatz dazu verkauften sich seltene Marken und Modelle - insbesondere solche in gutem Zustand mit interessanter Herkunft und Eignung für Veranstaltungen - gut. Ein 1909er Lorraine-Dietrich Grand Prix-Auto mit einem 16,4-Liter-4-Zylinder-Motor wurde bei Bonhams für 1.270.000 Dollar verkauft, weit über der oberen Schätzung von 800.000 Dollar. Gooding & Company veräußerte einen 1914er Mercer Type 35-J Raceabout für rekordverdächtige 4,8 Millionen Dollar. RM Sotheby's
versteigerte einen 1959er Frisky Convertible Special für ebenfalls spektakuläre 84.000 Dollar und einen Lancia Hyena Zagato für 246.400 Dollar. Broad Arrow gab einen 1937er Terraplane Series 72 Super Convertible Brougham für 117.600 Dollar ab - Rekord für die Marke.
Fazit von Markbeobachter Frank Wilke: "Das Gefühl der Zurückhaltung war in allen Segmenten spürbar, da auch andere Blue-Chip-Modelle nicht den gewünschten Preis erzielten, darunter ein 1960er Porsche RS60 mit einem Gebot von 4,8 Millionen Dollar und ein 1914er Simplex 50hp, der bei 1,1 Millionen Dollar stecken blieb." (dr)
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