Gedenkfahrt für Heidi Hetzer:
Studentin Olivias erste Tour im Oldtimer
Ob im Rolls-Royce Silver Shadow II oder im Opel Kadett E – für diesen guten Zweck geben alle Klassiker-Fans gern Gas! 125 Oldtimer und Youngtimer aus sieben Jahrzehnten nahmen an der diesjährigen Heidi-Hetzer-Gedenkfahrt in Berlin und Brandenburg teil. Beim Event wird an die Berliner Rallye-Ikone, Unternehmerin (Opel-Autohäuser) und Mäzenin Heidi Hetzer (1937 – 2019) erinnert.
Der gesamte Erlös der Veranstaltung geht an die Aktion „Augen-Licht“, um blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche zu unterstützen. Eine großartige Sache, die auch OCC gern fördert.
Für eine Teilnehmerin der Ausfahrt war es ein ganz besonderes Erlebnis. OCC hatte über Social-Media-Kanäle einen Startplatz verlost und Olivia Damaschek (29) aus Köln durfte ans Steuer unseres Mercedes-Benz. Wie sie die Fahrt erlebte und warum Automobil-Amazone Heidi Hetzer ein Vorbild für sie ist, erzählt die junge Studentin in unserem Artikel.
Gute Laune bei allen Teilnehmern der Heidi-Hetzer-Gedenkfahrt 2024 vor dem Start
"Es fühlt sich an wie eine Zeitreise..."
Sonntag, 9.30 Uhr, der Rastplatz an der berühmten Berliner Avus: Langsam trudeln die Teilnehmer ein. Es knattert, jault und blubbert (z.B. bei einem Ford Mustang mit V8-Motor). Ein im Alltag langsam verschwindender Geruch liegt in der Luft – es duftet nach echtem Benzin!
Raritäten und Exoten suchen sich ihre Parkplätze: Jensen S1 Sports Tourer, Opel Blitz 300 oder ein nur 530-mal gebauter Mercedes 170D OTP (OTP steht für „Offener Tourenwagen Polizei“).
OCC-Gewinnerin Olivia Damaschek ist begeistert. Zusammen mit ihrer Mutter Margarete ist sie nach Berlin gekommen – per Zug. Sie staunt über die Klassiker und ist vom Lübecker Mercedes-Benz 280 TE (Baujahr 1981) von OCC angetan: „Es fühlt sich wie eine Zeitreise an. Erinnerungen an meine Kindheit kommen hoch. Als ich klein war, fuhr mein Vater einen Mazda MPV - bis wir uns mit einem Motorschaden im letzten Moment auf eine Raststätte an der Autobahn gerettet haben. Ab dann fuhr er eine Mercedes-C-Klasse und wollte wegen des hohen Komforts fortan kein anderes Auto mehr…“
Frauen sind in der Oldtimer-Szene noch in der Minderheit, auch hier auf dem Avus-Parkplatz sind Männer und ihre Maschinen in der Überzahl. Olivia hat da keine Berührungsängste: „Für mich macht es einfach Spaß. Wenn ich mich mit Männern über Autos und Oldtimer unterhalte, habe ich noch nie einschüchternde Erfahrungen gemacht. Wenn man dasselbe Interesse hat, verbindet es beide Geschlechter.“
Die Studentin der Sozialwissenschaften, die gerade an ihrer Bachelor-Arbeit sitzt, fährt im Alltag Fahrrad oder greift auf Carsharing zurück, für ein eigenes Auto fehlt noch das Geld. Ihr Berufswunsch: Polizistin.
Ein aus Südfrankreich importierter Renault R4 einträchtig neben mehreren farbenfrohen Opel GT
Für Frischluft muss gekurbelt werden
Gegen 11 Uhr setzt sich der Tross der 125 jungen und alten Klassiker in Richtung Süden nach Brandenburg in Bewegung. Einige blinde und sehbehinderte Gäste der Ausfahrt können mit einem extra gecharterten Reisebus am Ausflug teilnehmen.
Das Ziel der Reise für alle ist Wünsdorf bei Zossen, 72 km entfernt.
Bevor Olivia hinter dem Mercedes-Steuer Platz nehmen darf, lässt sie sich noch kurz die Eigenheiten des 280 TE erklären. Der Mercedes hat eine Fußfeststellbremse, die per Zug-Knopf links vom Lenkrad wieder gelöst wird. Es fehlt der Komfort moderner Autos. Es gibt keine Klimaanlage. Für Frischluft muss gekurbelt werden (keine elektrischen Fensterheber), auch die Außenspiegel links und rechts lassen sich nur manuell einstellen und bedienen. Ebenso das Vierganggetriebe. Eben noch echte (Hand)-Arbeit.
Der kräftige 2,8 Liter Sechszylinder-Reihenmotor mit 185 PS lässt den Benz bei Bedarf auch flott am Verkehr teilhaben. Den Gasfuß bitte bedächtig einsetzen! Schöner ist aber, auf den herrlichen Landstraßen und Alleen Brandenburgs sanft zu gleiten.
Kein Problem für Olivia. Sie kommt, wie alle Teilnehmer, wohlbehalten mit Mutter Margarete auf dem Beifahrersitz in Wünsdorf an. Wie war die Fahrt? „Unglaublich schön. Das war für mich Unbeschwertheit, Genuss und im Moment leben. Eine Fahrt im Oldtimer spürt man mit allen Sinnen, viel intensiver als mit einem modernen Auto.“
Der Mercedes 280 TE von OCC in Fahrt
Abenteuer in der verbotenen Stadt
Keine Heidi-Hetzer-Gedenkfahrt ohne besondere Momente: In Wünsdorf können die Teilnehmer der Gedenktour auf Wunsch Teile der „verbotenen Stadt“ besichtigen. Die gigantische Anlage beherbergte im 2. Weltkrieg das Oberkommando der Wehrmacht, die von hier aus in neun Meter tiefen Bunkern und hinter meterdicken Stahlbetonwänden die militärischen Aktivitäten steuerte. Nach Kriegsende übernahm die Rote Armee, sprengte einige Häuser und baute Wünsdorf zu einem der größten Garnisonsstandorte des Warschauer Pakts aus. Im Sperrgebiet wohnten zeitweise bis zu 70.000 Menschen.
Spannende Zeitgeschichte auch auf dem Parkplatz vor dem ehemaligen Militärgelände, jetzt in Form eines rollenden Museums. Einträchtig stehen Jaguar XJ6 SIII, Peugeot 205 GR und Porsche 356 B T5 Cabrio nebeneinander, sechs bunte Opel GT (in Orange, Gelb, Bronze und Rot) bilden gar eine kleine Parade, Kinder drücken sich an der Scheibe eines Bentley T2 die Nase platt, um einen Blick auf den Tacho zu erhaschen. Für Gesprächsstoff bei den Erwachsenen sorgen ein breitbackiger Porsche 928 Strosek Umbau und das elegante Mercedes 220 SEb Cabrio (W111).
Welches Auto würde OCC-Gewinnerin Olivia eigentlich gern besitzen?
„Meine Favoriten sind der VW Bulli T1 zum Camper ausgebaut, Porsche 911 und Mercedes-Benz SL.“
Woher kommt die Fachkenntnis? „Wenn man wie ich mit zwei Brüdern aufwächst, dann entwickelt man zwangsläufig Interesse an Autos. So schicken wir uns immer mal wieder Instagram-Reels über Autos und Oldtimer, vor allem Porsche hat es uns angetan. Dadurch bin ich auch auf OCC gestoßen. Der Gedanke, selbst mit einem Oldtimer zu fahren, war sehr verlockend. Deswegen habe ich auch beim Gewinnspiel mitgemacht“, erzählt die Kölnerin.
Und auch die Persönlichkeit von Heidi Hetzer hat sie tief beeindruckt: „Ich hatte im TV eine Dokumentation über Heidi Hetzer gesehen und war dabei überwältigt von ihrer Gelassenheit, in ein Abenteuer zu starten. Früher war ich eher ängstlicher, aber heute bin ich auch sehr abenteuerlustig. Deswegen ist Heidi Hetzer mit ihrer Weltreise und ihrem außergewöhnlichen Hobby heute ein Vorbild für mich. Sie ging trotz aller Widrigkeiten und Bedenken raus in die Welt und hat sich in ein Abenteuer gestürzt.“
Das verbindet beide Frauen: Auch Olivia hatte sich mit ihrer Teilnahme an der Heidi-Hetzer-Gedenkfahrt in ein (kleines) Abenteuer gestürzt (zum ersten Mal Oldtimer fahren). Fazit: Alles ging gut und es hat sich gelohnt. Dieses Fazit zieht auch Ulf Schulz, Organisator der Gedenkfahrt: „Insgesamt konnten wir 3.500 Euro an Spenden für die Aktion ‚Augen-Licht‘ sammeln. Ein großes Dankeschön an alle Teilnehmer.“
Sein Versprechen: Die Heidi Hetzer-Gedenkfahrt 2025 ist schon in Planung… (dr)
Fotos: Vivian J. Rheinheimer | Dorian Rätzke
Weitere Infos:
Motorkosmos
Heidi-Hetzer-Gedenkfahrt
Die schönsten Bilder der Gedenkfahrt
Genug Platz auf der Kofferraum-Kante des 280 TE: Olivia Damaschek mit ihrer Mutter Margarete
Studentin Olivia aus Köln durfte den OCC-Mercedes fahren
Organisator Ulf Schulz zeigt die Flagge der Gedenkfahrt
Ein roter Opel GT. Modelle aus Rüsselsheim bildeten eine starke Fraktion auf der Ausfahrt
Oldtimer-Kolonne auf Brandenburger Landstraße
Organisator Ulf Schulz sorgte für beste Stimmung. Der renommierte Motorjournalist ist auch Buchautor („AVUS 100 - Ein rasantes Jahrhundert“) und TV- und Radio-Moderator beim rrb
Der Parkplatz an der Avus - hier startet die Oldie-Ausfahrt nach Wünsdorf
Flott unterwegs: Opel GT
Sogar ein Oldtimer-Bus des DRK war am Start
Vorsichtig steuert Olivia Damaschek den großen Mercedes mit 185 PS. Er hat weder ABS noch Airbag.
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