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Werkstattkosten und neue Regeln – Herausforderungen für die Klassiker-Szene

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Von DORIAN RÄTZKE
Die Klassiker-Community steht vor neuen Hürden: die Werkstattkosten steigen rasant! Laut einer Auswertung des Gesamtverbandes der Versicherer (GDV) vom Oktober 2024 sind die Stundensätze in Kfz-Werkstätten 2023 auf 188 Euro für Mechanik- und Karosseriearbeiten bzw. 205 Euro für Lackierarbeiten gestiegen – ein Plus von 40 % seit 2017. 
Gleichzeitig tritt ab dem 20. Juni 2025 die Teiletypgenehmigung (TTG) des Kraftfahrt-Bundesamtes in Kraft, die das bisherige Teilegutachten ersetzt und neue Anforderungen an Zubehör- und Tuningteile stellt. Wir haben mit Thomas Aukamm, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF), und Harald Schmidtke, Geschäftsführer des Verbands der Automobil-Tuner (VDAT), gesprochen, um die Auswirkungen auf die Besitzer von Liebhaberfahrzeugen zu beleuchten.

Mechaniker repariert Bremsbeläge am Oldtimer
Die Anforderungen an Fachkräfte in Spezial-Werkstätten sind gestiegen, qualifiziertes Personal ist knapp. Auch das sorgt für einen Preisanstieg bei Reparaturen

Werkstattkosten auf Rekordniveau: Warum wird es so teuer?

„Die gestiegenen Werkstattkosten haben mehrere Ursachen“, erklärt Thomas Aukamm vom ZKF im Interview mit dem OCC-Magazin. „Neben den allgemeinen Preissteigerungen bei Energie, Löhnen und Materialien spielen auch die gestiegenen Anforderungen an Fachkräfte und die komplexeren Arbeitsprozesse eine Rolle – besonders bei Oldtimern, wo spezialisierte Kenntnisse und aufwendige Reparaturen gefragt sind.“ Laut der GDV-Auswertung stiegen die Stundensätze 2023 auf 188 Euro für Mechanik- und Karosseriearbeiten und 205 Euro für Lackierungen, ein Anstieg von 40 % seit 2017, während die allgemeine Inflation nur bei 20 % lag. Für Oldtimer-Besitzer wird es dadurch immer teurer, ihre Schätze zu pflegen, da Restaurierungen und Reparaturen oft zeitintensiv sind.

Ein weiteres Problem ist die Beschaffung von Ersatzteilen. „Die GDV kritisiert zu Recht das Quasi-Monopol der Autohersteller bei Ersatzteilen, das die Preise in die Höhe treibt“, so Aukamm. Für Oldtimer-Fans ist dies besonders herausfordernd: Viele Originalteile werden nicht mehr produziert, und Nachfertigungen sind teuer. „Werkstätten müssen enger mit Zulieferern zusammenarbeiten, etwa durch Netzwerke für nachgefertigte Teile oder den Austausch von Beständen, um die Versorgung sicherzustellen und die Kosten tragbar zu halten“, empfiehlt Aukamm. Doch er gibt zu: „Das ist ein langfristiges Projekt, das nicht alle Probleme löst.“

Die Zukunft sieht Aukamm mit Sorge: „Die Kosten werden weiter steigen, da Energiepreise, Steuern und bürokratische Auflagen die Betriebe belasten. Für Oldtimer-Liebhaber mit begrenztem Budget könnte die Pflege ihrer Fahrzeuge irgendwann unerschwinglich werden.“ Er sieht besonders die Gefahr, dass kleinere Werkstätten, die oft auf Oldtimer spezialisiert sind, unter dem Kostendruck schließen könnten, was die Szene empfindlich treffen würde. „Ohne Entlastungen wird es schwierig, die Vielfalt der Oldtimer-Szene zu erhalten“, warnt er.

Der ZKF fordert daher konkrete Maßnahmen von der Politik: „Wir brauchen eine Senkung der Energiekosten, etwa durch gezielte Subventionen für Handwerksbetriebe, und eine Reduzierung bürokratischer Auflagen, die kleine Werkstätten überfordern.“ Auch Steuererleichterungen könnten helfen, die Kosten für Kunden in Grenzen zu halten. Aukamm betont: „Die Politik muss die Bedeutung des Kfz-Gewerbes für die Wirtschaft und die Oldtimer-Kultur erkennen und entsprechend handeln.“

Ein Hoffnungsschimmer ist die Digitalisierung: „Neue Technologien wie digitale Diagnosesysteme, KI-gestützte Reparaturprozesse oder optimierte Ersatzteillogistik können die Effizienz steigern und langfristig Kosten senken“, erklärt Aukamm. Ein Beispiel ist der Einsatz von 3D-Druck für die Herstellung seltener Ersatzteile, der bereits in einigen Werkstätten getestet wird. Doch auch hier gibt es Hürden: „Die Investitionen in solche Technologien sind hoch, und viele kleinere Betriebe können sich das nicht leisten. Hier brauchen wir staatliche Förderprogramme, die den Übergang erleichtern.“ Aukamm ist überzeugt: „Nur so können wir die Oldtimer-Pflege langfristig erschwinglich halten.“

Energiepreise, Steuern und bürokratische Auflagen belasten

„Neben den allgemeinen Preissteigerungen bei Energie, Löhnen und Materialien spielen auch die gestiegenen Anforderungen an Fachkräfte und die komplexeren Arbeitsprozesse eine Rolle – besonders bei Oldtimern, wo spezialisierte Kenntnisse und aufwendige Reparaturen gefragt sind.“
Arbeiten am Porsche Motor

Werkstätten sollten enger mit Zulieferern zusammenarbeiten, etwa durch Netzwerke für nachgefertigte Teile oder den Austausch von Beständen, um die Versorgung für Klassiker-Eigentümer sicherzustellen - empfiehlt der Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF)

Teiletypgenehmigung: Neue Regeln, neue Hürden für Oldtimer-Liebhaber

Ab dem 20. Juni 2025 ersetzt die Teiletypgenehmigung (TTG) des Kraftfahrt-Bundesamtes das bisherige Teilegutachten: Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch für die Tuningfans unter den Oldtimerbesitzern? „Die TTG bringt nicht in allen Fällen strengere Prüfanforderungen an Zubehörteile wie Felgen, Auspuffanlagen oder Fahrwerke mit sich“, erklärt Harald Schmidtke vom VDAT. „Das Ziel ist eine höhere Sicherheit und Qualität und die Einbindung des Systems in die Marktüberwachung, dadurch bedeutet es auch mehr Aufwand für alle Beteiligten.“ 
Für Oldtimer-Fans gibt es überwiegend Licht und kaum Schatten: „Positiv ist, dass die neuen Standards die Qualität von Teilen steigern können“, so Schmidtke. 
Da alle in Verkehr befindlichen Teilegutachten auch nach der Übergangsfrist ab 20.6.2028 für Eintragungen im Einzelgenehmigungsverfahren herangezogen werden können, werde sich für diejenigen Young- und Oldtimer Tuner nichts verändern, die Mehrfachveränderungen eintragen lassen wollen. Schmidtke: „Für diejenigen, die nach der Übergangsfrist ein einzelnes Bauteil eintragen lassen wollen, wird es leider teurer, da die Regelung StVZO § 19.3 zum 19.6.2028 entfallen wird.“

Der bürokratische Aufwand sorgt bei den Teileherstellern für Unmut. „Die neuen Vorschriften bedeuten für einige Produkte mehr Dokumentation und erhöhte Prüfanforderungen, um eine Teiletypgenehmiguing zu erlangen“, erklärt Schmidtke. Auch die Kostenfrage ist ein großes Thema: „Hersteller und Zulieferer stehen vor höherem Entwicklungs- und Zertifizierungsaufwand“, sagt Schmidtke. „Das wird die Preise für einige Tuningteile spürbar in die Höhe treiben.“ 
Das werde tunende Klassiker-Fans aber kaum betreffen, da für die älteren Fahrzeuge ja die in Verkehr befindlichen alten Teilegutachten weiter für Änderungsabnahmen herangezogen werden sollen.

Durch die Möglichkeit, in Verkehr befindliche Teilegutachten weiter für Eintragungen verwenden zu können, sollte die Individualität klassischer Fahrzeuge nicht gefährdet sein – allerdings wird der VDAT das Thema intensiv begleiten und bei Bedarf die Prüforganisationen daran „erinnern“, falls eine Blockadehaltung gegenüber den u.a. mit dem Verkehrsministerium getroffenen Vereinbarungen festgestellt werden würde, so VDAT-Geschäftsführer Schmidtke.

Was rät der Experte den Oldtimer-Besitzern? „Beim Kauf von Tuningteilen können Young- und Oldtimer-Tuningfans beruhigt auf das alte Teilegutachten setzen. Es dürfte die Ausnahme sein, dass Teilehersteller eine neue Teiletypgenehmigung für ältere Fahrzeuge beantragen werden, da mit dem Teilegutachten ja schon mal in ein qualifiziertes Gutachten investiert wurde. Achten Sie auf jeden Fall darauf, dass das Wunsch-Tuningteil für Ihren Young- oder Oldtimer mindestens ein Teilegutachten oder eine ABE (Allgemeine Betriebserlaubnis) besitzt. Sollte ein Anbieter für alte Teile eine neue Genehmigung erwirken, wird es die Teiletypgenehmigung sein. Mit den benannten Prüfdokumentationen sind Sie auf der sicheren Seite – und bitte achten Sie in Gutachten und Genehmigungen auf die Hinweise hinsichtlich erforderlicher Eintragungspflicht- oder Eintragungsfreiheit der erworbenen Teile, damit es bei einer Hauptuntersuchung und bei einer Polizeikontrolle keinen Ärger gibt.

Fotos: OCC Assekuradeur | Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) | Verband der Automobil-Tuner (VDAT)

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