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Souverän Gefahrensituationen meistern

Interview mit Vinja Doering und Horst Doering

Im aktuellen Interview spricht Stephan Lehnen vom Deutschen Oldtimer Club mit den Verantwortlichen des Verkehrsinstitut Nord über Fahrsicherheit im Oldtimer. Warum spezielle Trainings für Fahrer und Fahrzeug so besonders wichtig sind, erläutern Vinja Doering und Horst Doering.


Stephan Lehnen: Was genau ist ein Fahrsicherheitstraining für Oldtimer und was sind die wesentlichen Inhalte?

Vinja Doering: Beim Fahrsicherheitstraining lernen Sie, mögliche Gefahrensituationen souverän in Ihrem Klassikerfahrzeug zu meistern. Erfahrene Instruktoren begleiten die Teilnehmer auf einem sicheren Trainingsgelände in fahrkritischen Situationen und geben hierzu Tipps. Jedes Training beginnt mit einer theoretischen Einweisung in das Thema und bereitet die Teilnehmer darauf vor, was sie am Trainingstag erwartet. Der darauffolgende fahrpraktische Teil bildet dann den Schwerpunkt des Tages.


Stephan Lehnen: Warum sollte man gerade mit einem Oldtimer ein Fahrsicherheitstraining absolvieren?

Vinja Doering: Die aktuelle Technik mit vielen Assistenzsystemen ist in Oldtimerfahrzeugen nicht vorhanden. Hier sind also wieder viel mehr die individuellen Techniken des Fahrers gefordert, wie z.B. eine Intervall- oder Stotterbremsung bei nicht vorhandenem ABS, dem Antiblockiersystem. Klassische Fahrzeuge reagieren einfach anders in Extremsituationen. Der Umstieg vom Alltagsfahrzeug auf den Old- oder Youngtimer wird häufig unterschätzt und ein Fahrsicherheitstraining zeigt die Grenzen von Fahrzeug und Fahrer auf.


Stephan Lehnen: Was erwartet mich und mein Auto beim Fahrsicherheitstraining?

Horst Doering: Es wird bei verschiedenen Übungen auf die Schwerpunkte Lenken und Bremsen eingegangen. Für eine Fahrt durch den Slalom-Parcours mit guter Lenktechnik und richtiger Blickführung wird vorab die Sitzposition des Fahrers angeschaut und gegebenenfalls korrigiert.

Wegen der nicht vorhandenen Assistenzsysteme im Oldtimer sind besonders die Übungen auf der Dynamikfläche mit richtigem Bremsen und Ausweichen eine wichtige Trainingseinheit. Dabei sind verschiedene Untergründe und Geschwindigkeiten interessante Einflussfaktoren. Die Teilnehmer erleben auf dem Trainingsgelände zudem, wie sich Gefahrensituationen im Ernstfall anfühlen.

Die Instruktoren leiten das Training, geben hilfreiche Handlungsanweisungen und führen die Fahrer an schwierige Situationen heran. Unsere Oldtimer-Instruktoren haben dabei noch den Hintergrund, selber regelmäßig einen eigenen Oldtimer auf der Straße zu bewegen.


Stephan Lehnen: Ist das Fahrsicherheitstraining mit einer Fahrprüfung zu vergleichen?

Horst Doering: Nein, denn das Training bereitet nicht auf eine Prüfung vor. Die Teilnehmer werden für die Gefahren des Straßenverkehrs sensibilisiert, so dass sie diese erkennen und in der Lage sind, sie zu vermeiden oder entsprechend zu reagieren. Teilnehmer werden bei uns keinem Test unterzogen.


Stephan Lehnen: Wie werden die Trainingsinhalte vermittelt?

Vinja Doering: Die Trainer sind über Funkgeräte im ständigen Kontakt mit den Teilnehmern. Die Übungen werden somit direkt reflektiert. Nach einer Übungssequenz versammelt sich die Gruppe beim Trainer, um sich über das Fahrerlebnis auszutauschen. Anschließend folgt jeweils eine kurze Einweisung für die Folgeübung und die Teilnehmer besprechen kurz Ihre Erwartungen.

Ein Fahrsicherheitstraining hat zwar immer den sicherheitsrelevanten Schwerpunkt, der Spaß und die Benzingespräche kommen dabei aber auch ganz automatisch hinzu.


Stephan Lehnen: Ist so ein Training auch etwas für Jemanden, der das schon mal mit einem Alltagsfahrzeug gemacht hat?

Horst Doering: Ja, ganz bestimmt, da andere Fahrfähigkeiten mit dem Oldtimer trainiert werden. „Training“ bedeutet, die Fahrübungen regelmäßig zu wiederholen, um sie zu festigen und damit im Straßenverkehr auf das Erlernte nachhaltig zurückgreifen zu können.


Stephan Lehnen: Wem würden Sie sonst noch ein Fahrsicherheitstraining empfehlen?

Horst Doering: Besonders empfehlen möchte ich ein Training allen Neubesitzern von Oldtimern, die mit den Besonderheiten des Fahrzeugs noch nicht vertraut sind. Aber auch erfahrenen Oldtimerbesitzern, die außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes Fahrspaß haben und die Grenzen ihres Fahrzeugs in einer geschützten Atmosphäre erleben wollen.


Vinja Doering

Vinja Doering, Jahrgang 1992, ist der „Youngtimer“ bei Verkehrsinstitut Nord GmbH. Die Wirtschafts-Ingenieurin ist geschäftsführende Gesellschafterin der VIN GmbH und DVR-Fahrtrainerin.

Vinja Doering

Horst Doering

Horst Doering, Jahrgang 1952, bezeichnet sich selbst als „Oldtimer“. Der Ingenieur für Fahrzeugbau ist ebenfalls geschäftsführender Gesellschafter der VIN GmbH und seit über 40 Jahren in der Automobilwelt mit „Mensch und Technik“ verbunden.

Horst Doering