Picasso fuhr das zweitbeste Auto der Welt
Christian Dior, Pablo Picasso, Ava Gardner, Frank Sinatra, Ringo Starr – wer in den 1960er Jahren weltberühmt war, besaß einen Franzosen. Keinen ordinären Peugeot oder Citroen, sondern einen Facel Vega II! Motto: „Für die Wenigen, die nur das Feinste besitzen…“ (Facel Vega Werbespruch).
Das imposante, 1,8 Tonnen schwere Coupé mit einer Länge von 4,75 m bestach durch Eleganz, Luxus und innere Größe (4 Sitze). Ebenso gewaltige Ausmaße hatte der von Chrysler gelieferte 6,3 Liter V8 Motor, mit dem auf bis zu 225 km/h beschleunigt werden konnte.
So reservierte sich der Facel II den Superlativ „schnellstes viersitziges Coupé der Welt“.
Forges et Ateliers de Constructions d’Eure-et-Loir, kurz Facel, hieß die französische Autoschmiede. Ein klangvoller Name mit viel versprechender Zukunft. Dazu kam es leider nicht.
Doch der Reihe nach.
Es geht zu den Sternen
Die Pariser Facel S.A. (gegründet 1939) fertigte zunächst Metallteile. Nach dem Krieg lieferte Facel auch Karosserien an andere Hersteller, deren Produktionsstätten zerstört worden waren.
Facel-Chef Jean Daninons, der zuvor bei Citroen als Konstrukteur arbeitete, hatte schon 1951 auf dem Fahrgestell eines Bentley eine elegante Limousine entworfen, der er auch privat fuhr. Bei diesem Einzelstück sollte es nicht bleiben. Am 25. Juni 1953 begann die Konstruktion eines Rahmens für einen eigenen Sportwagen. Der Name Vega sollte zeigen, wo es langgeht: zu den Sternen. Die ersten Modelle (Cabriolets und Coupés), die 1954 ausgeliefert wurden, hatten einen Chrysler-DeSoto-V8-Motor unter der Haube.
Instrumente wie im Flugzeugcockpit
Schnell sprach sich auch unter den Reichen und Mächtigen herum, was da Sensationelles in Paris produziert wurde. Die Vacel zeichneten sich durch überragende Fahrleistungen und aufregendes Design aus. Kleine Heckflossen nach amerikanischem Vorbild, mächtiger Kühlergrill, feinstes Leder, an ein Flugzeugcockpit erinnernde Schalter und Instrumente, senkrecht stehende Doppelscheinwerfer, langer Radstand.
Bärenstarker V8 mit 6,3 Liter Hubraum
Überhaupt die Länge! Mit bis zu 5,28 m stieß der von 1958 bis 1964 Facel Vega Excellence in Rolls Royce Regionen vor. Der Silver Wraith kam zu jener Zeit auf 5,23 m Länge. Auch Hubraummäßig kleckerte Facel nicht, sondern klotzte. Start mit 4,5 Litern Hubraum, dann 5,4 l, 5,8 l, 6,3 l, 6,4 Liter. Der stärkste Motor war ein 6,3 l-Aggregat mit 390 PS, das im Facel Vega HK 500 zum Einsatz kam. Das reichte für bis zu 230 km/h. Die britische Motorpresse jubelte: „Nach Rolls Royce das zweitbeste Auto der Welt!“ Scheichs, Könige, Schauspieler und Industrielle gaben sich in Avenue George V in Paris die Klinke in die Hand.
Es lief eigentlich wie am Schnürchen und doch sorgte eine Fehlentscheidung für das schnelle Ende.
Das Ende mit verbrannten Kolben
Wie kam es zum Absturz?
Facel wollte 1959 in den Markt leichter, kleiner Sportwagen und Cabrios. Dort, wo Alfa Romeo, MG und Triumph dominierten. Dazu entwickelten die Pariser einen eigenen, kleinen Motor. Vier Zylinder, nur 1,6 Liter Hubraum, 115 PS die Eckdaten. Vom Facellia sollten mindestens 2500 Stück das Werk verlassen, so eine Marktanalyse allein für Frankreich. Die Motoren aus Eigenkonstruktion erwiesen sich indes als Desaster. Sie verbrauchten viel zu viel Öl, in der Folge brannten die Kolben durch. 300 Maschinen mussten so ausgetauscht werden. In der Folge wurde Facel-Chef Daninons abgelöst, die Manufaktur stürzte in eine Krise, von der sie sich nicht mehr erholte.
Der Tag, an dem Nobelpreisträger Albert Camus starb
Und noch eine Nachricht schockte damals die Öffentlichkeit: Der berühmte Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger Albert Camus („Die Pest“) kam am 4. Januar 1960 bei einem Autounfall ums Leben.
Camus saß als Beifahrer in einem Facel Vega FVS (325 PS), als plötzlich ein Reifen platzte und der Wagen in Villeblevin bei Paris gegen einen Baum prallte. Camus starb sofort, der Fahrer, ein Neffe von Camus´ Verleger, erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen. Camus hatte sich zu der Fahrt im schnellen Facel überreden lassen, obwohl er ein Bahnticket für die Strecke hatte.
Facel stand unter keinem guten Stern mehr.
1964 schloss das Werk, das einst „das zweitbeste Auto der Welt“ baute, für immer seine Pforten. (dr)
Technische Daten (Facel Vega II)
Produktionszeitraum: 1961-1964
Länge: 4,75 m
Breite: 1,76 m
Höhe: 1,28 m
Motoren: Chrysler-V8 mit 6,3 bis 6,7 Liter Hubraum
Leistung: 355 PS (Automatik) – 390 PS (manuelles Getriebe)
Höchstgeschwindigkeit: 245 km/h (225 km/h Automatik)
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