Kaum zu glauben: Diese 10 Modelle feiern 2026 ihr Oldtimer-Debüt
Von DORIAN RÄTZKE
1996 war das Jahr, als die Deutschen mit der T-Aktie an der Börse jonglierten, Oliver Bierhoff uns mit seinem Golden Goal zum EM-Sieg in England schoss und das World Wide Web seinen Durchbruch erlebte. Gleichzeitig feierte eine Fahrzeuggeneration ihre Premiere, die heute so gar nicht nach Oldtimer aussieht – und die sich trotzdem nach 30 Jahren ihren Status als automobiles Kulturgut nicht nehmen lässt …
1996 - ein turbulentes Jahr des Übergangs und des Aufbruchs. Während in einem schottischen Labor heimlich das Klonschaf Dolly zur Welt kam, tanzten Millionen zum spanischen Hit „Macarena“ von Los del Rio. Die Deutsche Telekom brachte ihre „Volksaktie“ an die Börse – dank kräftiger Werbung durch TV-Star Manfred Krug („Wenn die Telekom jetzt an die Börse geht, geh' ich mit“). Ganz Deutschland träumte von schnellen Dividenden und rasant steigenden Kursen (und wurde später oft enttäuscht). Die Japaner lösten mit dem digitalen Haustier Tamagotchi einen Hype aus, der vielen Eltern die letzten Nerven raubte, die Spice Girls („Wannabe“) dominierten die Musikcharts.
Bill Clinton wurde erneut US-Präsident, Schachweltmeister Garri Kasparow besiegte den Schachcomputer Deep Blue von IBM, der Rinderwahn (BSE) schockiert die Verbraucher in Europa. Und mit dem Mayday etablierte sich in Deutschland das größte Techno-Event der Welt.
Doch auch auf deutschen Straßen läutete eine neue Zeitrechnung ein. Mit dem Produktionsstart des Jahrgangs 1996 rollten Fahrzeugmodelle zu den Händlern, die den endgültigen Abschied von der reinen Mechanik und den Triumph der Elektronik markierten. Frank Wilke, Chef des Marktbeobachters classic-analytics, hat für das OCC-Magazin 10 Modelle dieses Jahrgangs ausgewählt – von Supersportwagen (Ferrari 550) über Coupé-Cabrio-Wunder (Mercedes-Benz SLK) bis hin zu Design-Ikone (Ford Ka) und Minivan-Revolution (Renault Megane Scenic). Zu allen Modellen finden Sie auch die aktuellen Marktpreise – mit überraschenden Zahlen …
Das Variodach-Wunder: Mercedes-Benz SLK (R170)
Der Mercedes-Benz SLK war 1996 eine Sensation. Sein Erfolgsgeheimnis war das **Vario-Dach**, ein vollautomatisches, einklappbares Metall-Klappdach, das das Beste aus zwei Welten bot: Cabriogefühl und Coupé-Sicherheit. Das Einstiegsmodell SLK 200 wurde von einem 2,0-Liter-Reihenvierzylinder mit 100 kW (136 PS) angetrieben. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 208 km/h und einer Sprintzeit von 9,3 Sekunden war er ein agiler Roadster. Der Neupreis lag bei etwa 46.200 DM (ca. 23.620 €). Die wegweisende Dachkonstruktion des „Baby-SL“ setzte einen Trend, der bald von vielen Wettbewerbern im Roadster-Segment kopiert wurde.
Marktwert: Mercedes-Benz SLK 200 (Baujahr 1996–2000), 136 PS: 7.900 Euro (Zustand 2, Quelle: classic-analytics)
Frank Wilke von Marktbeobachter classic-analytics: „Kurz nach dem BMW Z3 folgte die Antwort aus Stuttgart und wurde zu einem ähnlichen Erfolg. Noch gibt es Ersthand-Exemplare für wenig Geld.“
Der elegante Nachfolger: Jaguar XK8 (X100)
1996 trat der Jaguar XK8 in die großen Fußstapfen des XJS und dessen Vorgängers, des legendären E-Type. Unter der Federführung von Geoff Lawson entstand ein Gran Turismo, der durch seine fließenden, sinnlichen Linienführung überzeugte (die Luftöffnung am Frontspoiler sollte an den E-Type erinnern). Der XK8 war der erste Jaguar, der den neu entwickelten AJ-V8-Motor in der Basisversion erhielt. Dieser 4,0-Liter-V8 lieferte 216 kW (284 PS). Die Höchstgeschwindigkeit war auf 250 km/h begrenzt, und das Coupé benötigte 6,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Für diesen eleganten Auftritt musste man damals tief in die Tasche greifen: Das Basis-Coupé kostete rund 128.000 DM (ca. 65.450 €).
Marktwert: Jaguar XK8 4.0 Cabrio (Baujahr 1996-2002), 284 PS: 25.500 Euro (Zustand 2, Quelle: classic-analytics)
Frank Wilke von Marktbeobachter classic-Analytics: „Ob als Coupé oder Cabrio unsagbar elegant. Unterhaltskosten sind hoch, aber noch kalkulierbar.“
Der Premium-Pionier: Audi A3 (8L)
Als der Audi A3 1996 auf den Markt kam, begründete er im Prinzip das „Premium-Kompaktsegment“. Er teilte sich zwar die Plattform mit dem späteren VW Golf IV, setzte sich aber durch seine höhere Materialqualität, die exzellente Verarbeitung und das typische Audi-Design deutlich von der Wolfsburger Konkurrenz ab. Das Einstiegsmodell A3 1.6 war mit seinem 1,6-Liter-Reihenvierzylinder, der 74 kW (101 PS) leistete, bereits für ordentliche Fahrleistungen gut: Er erreichte eine Spitze von 188 km/h und benötigte 11,0 Sekunden für den Standardsprint. Der Neupreis lag bei erschwinglichen 33.400 DM (ca. 17.077 €). Der A3 8L war zunächst nur als sportlicher Dreitürer erhältlich, was seine anfängliche Betonung auf Lifestyle unterstrich.
Marktwert: Audi A3 1.8 T (Baujahr 1996–2000), 150 PS: 5.300 Euro (Zustand 2, Quelle: classic-analytics)
Frank Wilke von Marktbeobachter classic-Analytics: „Der erste Kompakt-Audi begeistert momentan eher die Tuningfans, durchschnittlich motorisierte Versionen faszinieren nur wenige.“
Sportlicher Außenseiter: Audi S8 (D2)
Der Audi S8 war 1996 die sportliche Speerspitze der neuen Oberklasse-Limousine A8 (D2) und setzte vor allem auf ein Feature: unauffällige Geschwindigkeit. Das Flaggschiff der Ingolstädter nutzte konsequent die Aluminium Space Frame (ASF)-Technologie, was ihm einen deutlichen Gewichtsvorteil gegenüber der Konkurrenz verschaffte. Als Basismodell war der S8 natürlich bereits eine Ansage: Sein 4,2-Liter-V8 mit 250 kW (340 PS) katapultierte die Limousine in nur 5,5 Sekunden auf Tempo 100. Die Höchstgeschwindigkeit war, wie damals üblich, bei 250 km/h elektronisch abgeregelt. Wer ihn neu kaufen wollte, musste 1996 mit einem Listenpreis von rund 140.000 DM (entspricht ca. 71.600 €) rechnen. Weltberühmt wurde der S8 durch seinen Auftritt in dem Action-Klassiker „Ronin“ (1998, mit Robert De Niro) als Fluchtfahrzeug, wo er in einer der besten Film-Verfolgungsjagden aller Zeiten brillierte.
Marktwert: Audi S8 (Baujahr 1996–1998), 340 PS: 16.100 Euro (Zustand 2, Quelle: classic-analytics)
Frank Wilke von Marktbeobachter classic-Analytics: „Die erste, große Sportlimousine von Audi. Hohe Unterhaltskosten und anfällige Elektronik halten den Interessentenkreis übersichtlich.“
Die Wiederkehr der Eleganz: Ferrari 550 Maranello
Der 550 Maranello markierte 1996 eine historische Wende in der Ferrari-Geschichte: Er beendete die 20-jährige Ära der V12-Mittelmotor-Sportwagen und kehrte zum klassischen Frontmotor-V12-Grand-Tourer-Konzept zurück. Im Herzen des eleganten Pininfarina-Entwurfs schlug ein 5,5-Liter-V12, der beeindruckende 357 kW (485 PS) bereitstellte. Dieser Luxus-GT sprintete in atemberaubenden 4,4 Sekunden auf Landstraßentempo und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h. Diese exklusiven Fahrleistungen hatten ihren Preis: Mit rund 370.000 DM (ca. 189.175 €) war der 550 Maranello so teuer wie damals durchschnittlich ein neues Einfamilienhaus mittlerer Lage in Deutschland.
Marktwert: Ferrari 550 (Baujahr 1996-2001), 485 PS: 170.000 Euro (Zustand 2, Quelle:classic-analytics)
Frank Wilke von Marktbeobachter classic-Analytics: „Lange Schnauze, kurzes Heck und ein V12 Frontmotor, dieses Konzept musste aufgehen und der 550 wurde zur modernen Daytona Alternative.“
Der Retter aus Zuffenhausen: Porsche Boxster (986)
Der Boxster wird oft als „der Retter von Porsche“ bezeichnet, da er dem damals angeschlagenen Sportwagenbauer dringend benötigte Liquidität verschaffte. Sein Design war bewusst an den klassischen 550 Spyder angelehnt. Im Basismodell sorgte ein wassergekühlter 2,5-Liter-Sechszylinder-Boxermotor mit 150 kW (204 PS) für den Vortrieb. Mit dieser Leistung war der Boxster 2.5 in 6,9 Sekunden auf 100 km/h und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h. Das Mittelmotorkonzept sorgte für ein hervorragendes, neutrales Fahrverhalten. Der Boxster machte den Traum vom Porsche-Fahren für eine breitere Masse zugänglich: Er kostete neu etwa 76.500 DM (ca. 39.115 €).
Marktwert: Porsche Boxster (Baujahr 1996–1999), 204 PS: 16.600 Euro (Zustand 2, Quelle: classic-analytics)
Frank Wilke von Marktbeobachter classic-Analytics: „Ein Klassiker ab Werk und für viele mehr Porsche als der pummelig gewordene 911. Noch gibt es gute Autos zu erschwinglichen Preisen.“
Die Design-Revolution: Ford Ka (Mk1)
Der Ford Ka war 1996 ein radikaler Stilbruch und definierte den Kleinwagen neu. Sein kurviges, unkonventionelles Design, das der neuen „New Edge-Designsprache“ von Ford entsprang, spaltete die Gemüter, hatte aber einen hohen Wiedererkennungswert. Im Basismodell trieb ein betagter 1,3-Liter-Vierzylinder mit 44 kW (60 PS) den kleinen Stadtflitzer an. Entsprechend bescheiden waren die Fahrleistungen: Von 0 auf 100 km/h benötigte der Ka 15,1 Sekunden, bei einer Höchstgeschwindigkeit von 155 km/h. Er war dafür aber mit rund 18.000 DM (ca. 9.200 €) extrem günstig. Sein äußerst charakteristisches Aussehen und die günstigen Unterhaltskosten machten ihn trotz bekannter Rostprobleme an frühen Exemplaren zum Kultobjekt.
Marktwert: Ford Ka (Baujahr 1996-1998), 50 PS: 2.300 Euro (Zustand 2, Quelle: classic-analytics)
Frank Wilke von Marktbeobachter classic-Analytics: „Das Design des Ka hat polarisiert und tut es immer noch. Ihn kauft man wegen der Form, nicht wegen der Fahreigenschaften.“
Der Qualitätssprung: VW Passat B5
Mit dem 1996 vorgestellten Passat B5 gelang Volkswagen ein Quantensprung in puncto Qualität und Positionierung. Er verließ die gemeinsame Plattformstrategie mit dem Golf und übernahm stattdessen die aufwendigere, längs eingebaute Motorkonfiguration des Audi A4 (B5). Dadurch wirkte der B5 wesentlich hochwertiger und bot im Innenraum mehr Platz. Das Basismodell 1.6 war mit 74 kW (101 PS) motorisiert. Damit war der Passat 187 km/h schnell und beschleunigte in 12,4 Sekunden auf 100 km/h. Als Basislimousine kostete er neu etwa 35.800 DM (ca. 18.290 €). Die Übernahme der Audi-Technik verschaffte dem Passat einen spürbaren Status-Uplift und festigte seine Rolle als beliebter Dienstwagen.
Marktwert: VW Passat V 1.8 B5 (Baujahr 1996–2000), 125 PS: 3.300 Euro (Zustand 2, Quelle: classic-analytics)
Frank Wilke von Marktbeobachter classic-Analytics: „Eine der letzten klassischen Familienlimousinen, bevor Mini-SUVs in Mode kamen. Dank des VW-Baukastensystems auch ein beliebtes Tuningobjekt.“
Der praktische Wegbereiter: Renault Mégane Scénic
Der Scénic (ursprünglich Mégane Scénic) kam 1996 als einer der ersten kompakten Minivans auf den Markt und begründete damit das Segment der sogenannten Compact-Vans. Er bot eine hohe Sitzposition und enorme Innenraumvariabilität. Das Basismodell 1.6 war mit einem 1,6-Liter-Vierzylinder (R4) ausgestattet, etwa anderthalb Jahre später kam der 1.6 16V mit 107 PS, Topmotorisierung war der 2.0 mit 109 PS. Er benötigte 13,7 Sekunden für den Standardsprint, bei einer Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h. Der Neupreis lag bei etwa 32.500 DM (ca. 16.600 €).
Marktwert: Renault Megane Scenic 1.6 16V (Baujahr 1996–1999), 107 PS: 2.100 Euro (Zustand 2, Quelle: classic-analytics)
Frank Wilke von Marktbeobachter classic-Analytics: „Minivans prägten unser Stadtbild über fast 20 Jahre, haben will sie heute trotzdem kaum jemand, das gilt für den Renault wie für seine Konkurrenten.“
Die Wiedergeburt: Škoda Octavia
Der Octavia von 1996 markierte den echten Neustart der tschechischen Marke unter der Ägide von Volkswagen. Er basierte zwar auf der Plattform des kommenden Golf IV, nutzte diese jedoch, um ein extrem geräumiges und solides Auto zu schaffen. Als Basismodell war der Octavia 1.6 LX mit 55 kW (75 PS) an Bord, womit er 170 km/h Spitze erreichte und 14,0 Sekunden für den 0-100-Sprint benötigte. Mit einem Einstiegspreis von nur rund 24.000 DM (ca. 12.270 €) war er ein echtes Preis-Leistungs-Wunder. Obwohl als Limousine vermarktet, besaß der Octavia eine große, weit aufschwingende Heckklappe, die einen riesigen Kofferraum freigab und ihn besonders praktisch machte.
Frank Wilke von Marktbeobachter classic-Analytics: „Obwohl der Škoda Octavia (1U) 1996 global startete und technisch auf der VW-Plattform basierte, gibt es hier eine wichtige Hürde für 2026. Offizieller Verkaufsstart in Deutschland war im März 997, d. h. 2026 bekommt noch kein Octavia das H-Kennzeichen.“
Fotos: Mercedes-Benz Classic | Renault Deutschland | Audi AG | Daniel Reinhard & Bruno von Rotz, zwischengas.com | Skoda Deutschland
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