Norddeutscher sucht Gold-Mercedes: Wo ist Christine?
Norddeutscher sucht Gold-Mercedes: Wo ist Christine?
Dutzende Such-Anzeigen hat Andreas S. (49) schon aufgegeben. In Oldtimer-Fachmagazinen, bei Facebook und eBay-Kleinanzeigen. Aber seit Jahren gibt es keine Spur von „Christine“. Die elegante Dame war ein elfenbeinweißer Mercedes 280 SE (Baureihe W 108). Reihensechszylinder, 160 PS, von 1967 bis 1972 gebaut. Seine Christine war am 8. Mai 1969 zuerst zugelassen worden.
Es war ein aufregendes Geburtsjahr, dieses Jahr 1969:
- im Januar wurde Richard Nixon als 37. Präsident der USA vereidigt, die erste ZDF-Hitparade mit Dieter Thomas Heck startete im TV
- Gustav Heinemann wurde im März zum Bundespräsidenten gewählt
- Charles de Gaulle trat im April vom Amt des französischen Staatspräsidenten zurück
- in New York kam es im Juni zu Straßenschlachten zwischen Homosexuellen und der Polizei – die Geburtsstunde des Christopher Street Day
- Im Juli betrat Neil Armstrong als erster Mensch den Mond
- Willy Brandt wurde im Oktober Bundeskanzler
- im Dezember starben bei einem Konzert der Rolling Stones auf dem Altamont-Speedway vier Menschen, ein 18-Jähriger Afroamerikaner wurde von Ordnern der Hell‘s Angels erstochen, als Panik vor der Bühne ausbrach
Zurück nach Deutschland, zurück zu Christine. Bei wem sie in den ersten 20 Jahren nach ihrer „Geburt“ unterkam, lässt sich nicht mehr exakt rekonstruieren. Andreas S. vermutet zwei Vorbesitzer: „Ausgeliefert wurde sie an einen Geschäftsführer, danach erfolgten Motorumbau auf Doppelvergaser und Umlackierung in Goldmetallic.“ 1990 entdeckte der Vertriebsexperte für Software den Wagen in einer Autozeitung: „Ich liebäugelte eigentlich mit einem Opel Commodore B GS/E Coupe mit 150 PS, aber der Mercedes hat mich dann doch mehr fasziniert.“ Er reiste nach Dettenheim bei Karlsruhe, für 5.000 D-Mark wechselte der Wagen den Besitzer.
Wie kam Andreas S. auf den Namen Christine für seinen Mercedes? Der Hintergrund ist gruselig: „Der gleichnamige Horrorfilm Christine von Stephen King hat mich begeistert.“ Im Film entwickelt sich ein 58er Auto, ein Plymouth Fury, der von einem Heranwachsenden auf einem Schrottplatz entdeckt und restauriert wurde, zu einer Killermaschine.
So schlimm war Christine natürlich nicht, aber ein paar Eigenarten hatte sie schon, wie Andreas S. zu berichten weiß: „Ich hatte mal den Wagen per Knopfdruck an der Fahrertür abgeschlossen, weil er eine Unterdruck-ZV rundum hatte - und der Schlüssel steckte natürlich! Zu der Zeit war es aber noch so, dass der Kofferraum nicht mit verriegelt wurde. Und dann habe ich rausgefunden, dass das Schiebedach von dort aus manuell per Kurbel zu öffnen war. Und so konnte ich Christine über diesen sportlichen Umweg dann zerstörungsfrei wieder öffnen.“
Der Mercedes 280 SE bleibt nur ein Jahr, dann muss er wegen eines finanziellen Engpasses wieder verkauft werden – immerhin ohne Verlust, für 5.000 D-Mark. Nach jetzigem Stand verliert sich die Spur um 2003/2004 im Raum Flensburg. Was blieb ihm vom Auto? Ein paar Fotos und die Fahrgestell-Nummer (FIN): 108018-12-029022.
Auch OCC wollte helfen und ließ die Nummer (auch mit Zahlendrehern) durch die Computer laufen. Leider negativ: „Christine“ war hier nie versichert. Andreas S. will trotzdem nicht aufgeben und hofft, dass sich über das Internet Zeitzeugen oder vielleicht sogar der jetzige Besitzer meldet.
Und dann? Andreas S.: „Wenn die Option bestünde, Christine nach Hause zu holen, würde ich sicherlich darüber nachdenken!“ Bis dahin will er weiter suchen. Vielleicht geschieht ja noch ein Wunder.
Die letzten Fotos von Christine - danach verliert sich die Spur
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