Darauf sollten Sie achten, falls Sie einen Klassiker in den USA kaufen
Die Online-Angebote auf amerikanischen Webseiten klingen zu verlockend: ein Porsche 911 SC Targa, Baujahr 1983, laut Verkäufer mängelfrei, Preis: 25.200 Dollar (umgerechnet 22595 Euro). In Deutschland kostet ein vergleichbarer Wagen mindestens 44000 Euro. Oder ein 1968er MG B im Zustand 2 für umgerechnet 8200 Euro, ein 1967er Sunbeam Alpine für 8700 Euro. Echte Schnäppchen, so scheint es. Dazu tausende von US-Muscle-Cars, deutsche Luxusimporte aus Baden-Württemberg, seltene Schweden, Italiener, Engländer, Franzosen. Der Klassiker-Markt in den USA ist gigantisch.
Doch wer kauft gern die Katze im Sack?
Auf dem Computerbildschirm oder Smartphone sehen die Wagen alle super aus. Selbst kleine Roststellen werden nicht verschwiegen. Manche Anbieter stellen auch Videos zu den Kaufanzeigen, die beweisen sollen, wie gut der Wagen fährt.
Sollte man nun per Mausklick zuschlagen – oder doch lieber einen Profi vor Ort mit Kauf und Suche beauftragen?
US-Experte Dieter Thiel (Heimann & Thiel GbR, www.uscars-classics.de): „Man sollte vorab immer genau wissen, was man will. Ist man ambitionierter Sammler und Schrauber, hat man natürlich Vorbildung und kann nicht so leicht aufs Kreuz gelegt werden. Persönlich vor Ort hat man den Vorteil, wirklich zu sehen, was man kauft. Gute Englischkenntnisse sind sehr nützlich. Außerdem kann der Käufer sich in Ruhe umschauen, zum Beispiel beim Besuch eines Händlers. Dort sieht er mit eigenen Augen, wie die anderen Autos ausschauen oder wie der Händler seine Kunden behandelt. Kurzum, welchen Gesamteindruck alles macht. Und man kann sich in das Wunschauto setzen und eine Proberunde drehen. Wir bieten an, so einen Selbstimport mit Rat und Tat zu begleiten.“
Nun wird den Amerikanern ja ein recht laxes Verhältnis zu ihren Autos nachgesagt. Macht sich das im Zustand bemerkbar?
Dieter Thiel: „Ja, sehr sogar. In der Regel müssen wir von unseren Bewertungsmaßstäben immer zwei Noten nach unten gehen. Also, wenn in einer Annonce von sehr guter Technik und gepflegtem Interieur die Rede ist, kann man eher Zustand 3-4 als 2 veranschlagen. Zustand 1-Autos sind so gut wie nicht auf dem Markt, die stehen eher in der Garage von Sammlern wie Jay Leno (Anm.: US-TV-Moderator und berühmter Oldtimer-Sammler).“
Welche Internet-Portale sind für eine Vorab-Auswahl des Wunschklassikers gut?
„Ebay Motors zum Beispiel. Es gibt viele aussagekräftige Fotos zu den Verkaufswagen. Und die Verkäufer geben sich Mühe, weil sie auch bewertet werden können. Das spornt an, gute Leistung abzuliefern.“
Wann sollte man vor Ort lieber doch einen Experten zu Hilfe nehmen?
„Wenn es um echte Sammlerstücke und hochpreisige Autos geht. Wir hatten den Fall, wo ein Kunde sich für einen Ford GT interessierte. Mit unserer Hilfe konnte ein Gutachter das Kaufobjekt vor Ort unter die Lupe nehmen – und fand es in katastrophalem Zustand wieder. Der Ford GT aus dem Jahr 2005 hätte nur zu einem sehr hohen Preis repariert werden können.
So hatte unser Kunde zwar umgerechnet 700 Euro in das Gutachter-Honorar investiert, wurde aber vor einem Schaden bewahrt, der ihn beim Kauf dieser Ruine das Hundertfache gekostet hätte. Wir haben es dann später doch geschafft, für ihn den richtigen Ford GT zu finden.“
Worauf ist beim Kauf vor Ort noch zu achten?
„Das Kaufobjekt braucht unbedingt das ,Certificate of Title‘, der entspricht etwa dem deutschen Fahrzeugbrief. Der Title muss zum Export vorliegen, sonst wird der Wagen nicht verzollt. Da viele Autos in Amerika über Pump finanziert wurden, sollte vor dem Export der Bankkredit natürlich gelöscht sein, sonst gibt es auch hier keine Ausfuhr nach Deutschland.“
Wie kann man Unfallwagen identifizieren, die schnell für den Verkauf auf Hochglanz hergerichtet sind?
„Dafür gibt es die Verbraucherschutzdatenbank ,Carfax‘. Dort kann anhand der Fahrgestellnummer die Fahrzeughistorie geprüft werden. Falls Ihnen Autos mit einem sogenannten Salvage Certificate oder Certificate of Destruction verkauft werden, sollten die Alarmglocken läuten. Das sind Unfallwagen, die von amerikanischen Behörden und Versicherungen als wirtschaftlicher Totalschaden eingestuft worden sind.“
Wie teuer ist die Einfuhr nach Deutschland?
„Die Faustregel lautet: Ist der Wagen älter als 30 Jahre und im Originalzustand, entfallen in der Regel die Zollabgaben. Lediglich eine Einfuhrumsatzsteuer von 7 % auf den Kaufpreis ist fällig. Falls der Importwagen jünger als 30 Jahre ist oder nicht mehr im Originalzustand, muss man 10 % Zoll und 19 % Einfuhrsteuer zahlen.“
Ist der Amerika-Import endlich zu Hause, kann man leider noch nicht losfahren…?
„Nein, er muss auf umgerüstet werden. Dazu gehören u.a. Blinker, Nebelschlussleuchten, Rückstrahler, Tachoanzeige, Sicherheitsgurte, Scheinwerfer.“
Das kann aber ganz schön teuer werden?
„Wir bieten dafür Komplettpakete an, inklusive einer Gewährleistung. Für 1600 bis 2800 Euro übernehmen wir die Umrüstung auf deutsche Norm und den lästigen Behördenkram. Der Kunde kann sich dann wirklich gleich ans Steuer setzen und mit seinem Traumauto los düsen.“
Beispiele für einen Kauf eines Jaguar XJ 6 (Baujahr 1986)*
gerechnet mit Import-Rechner von uscars24.de
Kaufpreis: 15.000 Dollar (entspricht 13.513,51 Euro)**
Fahrzeugtransport zum Hafen: 450 Dollar 405,41 Euro
Container-Beladung, Erstellung der
Versandpapiere: 150 Dollar: 135,14 Euro
Seefracht nach Europa zzgl. 150 Dollar: 135,14 Euro
BAF-Treibstoffzuschlag (150 Dollar)
Transportversicherung (1,5%, zzgl. Versicherungssteuer): 210,81 Euro
Gebühren Hafen-Abfertigung Europa: 350 Euro
Container Entladung
Zolldokumentation, Fahrzeug Verzollung: 150 Euro
ZOLLWERT 14.764,87 Euro
Einfuhrzoll (bei PKW älter als 30 Jahre 0 Euro) 0 Euro
Erster Inlandstransport: 250 Euro
Zwischensumme: 15.014,87 Euro
Einfuhr-Umsatzsteuer (7 %): 982,28 Euro
Zwischensumme: 15.997,15 Euro
TÜV-Umrüstung, TÜV-Abnahme, Deutscher
Fahrzeugbrief etc.: 1600,00 Euro *
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ENDSUMME 17597,15 Euro*
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* Beispielrechnung, Zahlen können real abweichen
** Dollarkurs am 02.02.2020
1 Euro = 1,11 Dollar
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