Ford Taunus Transit
Im „Renntransporter“ durch Hamburg
Von JENS TANZ
Der Kasten mit den vier Rädern steht da vor den teuren Häusern an der Alster irgendwie falsch, aber gerade deshalb erregt er Aufsehen. Alt ist er. Und klingt doch so vertraut, nach Feuerwehrball und Kinderfest oder wo sonst noch ein alter Transit durch den langen, seitlichen Auspuff pöppelte. FK? Die gibt es noch? Ja, und es gibt sogar noch relativ viele von ihnen.
Bulli-Ingenieur schuf den knuffigen FK
Ein Taunus? Ein Transit? Ein FK? Ja was denn nun? Alfred Haesner hatte vor über 70 Jahren eine gute Zeit. Der promovierte Ingenieur erschuf den unsterblichen Bulli in Wolfsburg, aber dann wechselte er in den frühen 50er Jahren nach Köln. Vom veralteten Heckmotorkonzept hielt man am Rhein nichts, ein Motor hatte vorn zu sein und der Antrieb gefälligst hinten. Punkt. Haesner schneiderte einen knuffigen, handlichen Kleinlaster mit einer Tonne Nutzlast, der 1953 als FK 1000 (FK für Ford Köln und die 1000 für die Nutzlast) in die Auftragsbücher notiert wurde.
Du, ich und der Motor
Der ursprünglich weit vor der Vorderachse liegende Motor, das robuste und überdimensionierte Fahrwerk und der Heckantrieb ließen einen fast unbegrenzten Spielraum für die Karosseriebauer offen. Dem FK konnte man so gut wie jeden Nutzen auf die Hinterachse schneidern, von der Pritsche über den Kasten bis zum Gerätehaus oder Wohncontainer. Der Haken – die flotte Kiste war unbeladen quasi nicht beherrschbar. Deshalb wanderte der kompakte Vierzylinder schon zwei Jahre nach Produktionsbeginn unter einen großen Klappdeckel zwischen Fahrer und Beifahrer - HINTER die Vorderachse. Die Vorstufe zum Transaxle-Transporter wurde der Presse mit einer besseren Erreichbarkeit des Motors verkauft, die das auch innovationshungrig schluckte. Tatsächlich war es nun möglich, auf der Autobahn während der Fahrt aus der Kabine heraus den Vergaser einzustellen oder poröse Benzinleitungen zu flicken. Ohne, dass man anhalten musste.
Benzingeruch zwischen den Vordersitzen
Hatte man sich erstmal an den latenten Benzingeruch zwischen den Vordersitzen gewöhnt, wurde man schnell Freund mit dem Triebwerk, das drehfreudig direkt nebenan unter dem grauen Deckel vor sich hinarbeitete. Die neue Wirtschaftswundergeneration von Kleintransportern in Deutschland hatte ihren ungekrönten König gefunden: Der luftgekühlte Käfermotor im VW T1 mühte sich mit mageren 25 PS ab, der Tempo Matador entwickelte nur ein PS mehr und der DKW Schnelllaster ächzte sogar nur mit 22 PS. Ein FK 1000 schaffte fast 100 km/h und war damit tatsächlich ein zeitgenössischer Kandidat für die linke Spur! Und er wurde im Volksmund bald der "Renntransporter" genannt.
Cockpit vom Taunus 12M
Merkt ihr was? Je mehr man aufzählt, desto weniger wird ersichtlich, warum Volkswagen rund 1,8 Millionen Bullis absetzte und Ford in einem ähnlichen Zeitraum "nur" etwas mehr als 255.000 Transporter. Dabei war der "Eilfrachter" auch im Inneren ein Freund mit wahrer Größe. Das Cockpit lieh er sich vom Taunus 12M, und auf den Sitzen saß man für einen Transporter verhältnismäßig kommod. In einer Zeit, wo der Fahrer sich dem Kleintransporter anzupassen hatte und nicht umgekehrt punktete Ford mit Übersichtlichkeit und recht guter Beinfreiheit, auch wenn man zwischen dem Gaspedal und der Bremse mit dem rechten Fuß nennenswerte Höhenunterschiede bewältigen musste. Aber man gewöhnt sich bekanntlich an alles, und an den FK 1000 sogar sehr schnell.
Aus FK wurde Taunus Transit
Als man sich von der LKW- und Omnibus-Produktion der Rhein/Ruhr Serien Anfang der 60er verabschiedete, rückte auch der hauseigene Kleintransporter namentlich näher an die PKW Palette. Aus dem FK wurde der Taunus Transit, und es gab sogar ein Konkurrenzfahrzeug zum "Samba Bus" mit kleinen Fensterchen im Dach. Der Ford Transit Panorama zielte mit acht Sitzen, großen Fensterflächen und rundlichen Fensterchen im Dach genau auf die Zielgruppe der Samba-Bulli-Käufer. Das damals von der Heilbronner Firma Drautz zum Luxusbus umgebaute Transporterchen ist heute leider fast in Vergessenheit geraten. Im Vergleich zum normalen T1 ist der erste Transit zumindest als Kastenwagen heute durchaus bezahlbar, und weil der Wagen wegen seiner Höchstgeschwindigkeit in vielen Hallen von freiwilligen Feuerwehren als Gerätewagen bis heute überlebt hat, ist die aktuelle Ersatzteilversorgung okay.
Blaues Wunder vorm Luxus-Hotel
Sven Hillie, Chef der Hamburger Werbeagentur H4, hatte den Kölner Kasten bei unserem Fototermin gerade unter seine Fittiche genommen, weil das Salz der Nordseeluft eine Kante der kleinen Stoßstange angefressen hatte. Ursprünglich war der Transit regelmäßig auf Sylt unterwegs. Die Roststelle sollte in Hamburg fachmännisch saniert werden, und das blaue Wunder parkte provokant direkt vor dem renommierten Hotel Vier Jahreszeiten an der Binnenalster. Für einen kleinen Moment konnten die schwarzen Bentleys und S-Klassen einpacken, der krawallige Kölner stahl ihnen selbstbewusst die Show.
Alleskönner aus einer anderen Zeit
Im Jahr 2022 sind aktuelle Transporter gut klimatisierte, leicht zu fahrende Komfortkisten. Aus heutiger Sicht bedeuten die Transporter aus den 50ern ein echtes Stück Arbeit, will man sie zügig bewegen. Der Ford, auch wenn er Vorreiter eines besseren Standards in der Fahrerkabine und der Motorisierung war, macht da keine Ausnahme. Aber alles ist relativ, zumindest steigt man nach 20 Kilometern nicht schweißgebadet aus. Die simple, robuste Technik ist sehr zuverlässig. Der FK 1000, aus dem der Taunus Transit entstand, markierte den Beginn einer ruhmreichen Karriere und den Grundstein für Europas meistverkauften Transporter. Nur damals, da hatte der T1 einfach einen besseren Start. Dieses Exemplar rollt inzwischen als Fotobus für Hochzeiten und ähnliche Anlässe in der Nähe von Leipzig und stellt seine Vielseitigkeit weiter unter Beweis. Vielleicht seht ihr ihn ja mal irgendwo?
Fotos: Jens Tanz
Technische Daten
Ford Taunus Transit
Baujahr: 1962
Motor: Vierzylinder, Reihe
Hubraum: 1498 ccm
Leistung: 40 kW (55 PS) bei 4250 U/min
Max. Drehmoment: 111 Nm bei 2400/min
Getriebe: Viergang Schaltgetriebe
Antrieb: Hinterräder
Länge/Breite/Höhe: 4300/1740/1965 mm
Leergewicht: 1090 kg