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Mozart, Melodien und Motoren:
das OCC-Team beim Gaisbergrennen

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„Alles, was ich auch von schönen Gegenden gesehen habe, ist – nach meinem Gefühle – nur sehr wenig, gegen Salzburgs himmlische Naturschönheiten...“ (Komponist Wolfgang Amadeus Mozart, 1756 - 1791).

Was der berühmteste Sohn einst über seine Heimatstadt sagte, kann zu jeder Jahreszeit von Einheimischen und den 5,5 Millionen Touristen pro Jahr bestätigt werden. Salzburg – das ist weit mehr als Mozart, Festspiele, Schokokugeln und Taler. Salzburg ist auch die atemberaubende Landschaft des Flachgaus mit seinen Seen, den Bergen und (im Juni) die Melodie feinster Automobil-Motoren, eine Sinfonie für die Sinne technikbegeisterter Enthusiasten aus ganz Europa.

Jedes Jahr Anfang Juni an Fronleichnam erwartet die Kulturstadt von Welt (155.000 Einwohner) automobile Klassiker zum berühmten Gaisbergrennen. Die hochkarätig besetzte und perfekt organisierte Oldtimer-Rallye gehört ohne Zweifel zu den reizvollsten Veranstaltungen in ganz Europa. Auch OCC schickt ein Team an den Start...

Innenstadt1

Buntes Treiben auf dem Salzburger Residenzplatz: Die Teilnehmer der Gaisbergrennens werden von tausenden Salzburgern begrüßt

Getriebeschaden nach Stadt Grand Prix

Wir wollen mit einem Alfa Romeo Giulia Rallye (Baujahr 1966) teilnehmen. Wir, das sind André Tichy (OCC-Vertriebschef für Österreich, Wien) und ich, Dorian Rätzke (OCC Marketing-Abteilung, Lübeck). Renn-Erfahrung bei uns: fast keine, Kollege Tichy ist bei der Südsteiermark-Klassik als Beifahrer mitgefahren.
Beste Voraussetzungen für einen Platz auf dem Podium, oder?


Doch so weit kommt es gar nicht erst, denn die Technik der Giulia entscheidet sich frühzeitig für einen Ausstieg. Nach fünf Runden (je 3,2 km) auf dem berühmten Stadt Grand Prix (die halbe Stadt jubelt den Fahrern am Straßenrand zu) verabschiedet sich das Getriebe der 165 PS starken Italienerin mit einem „Ciao“.

Der weiße Flitzer schafft es noch bis in die Tiefgarage des Hotels, um von dort in die Werkstatt abtransportiert zu werden. Reparatur? Illusorisch in der kurzen Zeit. Ebenso ein Ersatzwagen. So bleibt uns für die folgenden zwei Renntage nur die Rolle als Zuschauer, die immerhin ganz nah am Geschehen dabei sein dürfen.

Stadt Grand prix

Immer noch flott: der Austro Daimler Kaiserwagen Elektro (35 PS, Baujahr 1911) beim Stadt Grand Prix in Salzburg

8,652 Kilometer bergauf

Wichtig zu wissen: Das Gaisbergrennen ist in verschiedene Wettbewerbsabschnitte unterteilt. Neben dem Stadt Grand Prix, den unser Alfa Romeo Giulia Rallye gerade so schafft, gibt es noch das eigentliche Gaisbergrennen, eine Wertungsfahrt durch den Flachgau und eine Wertungsprüfung auf dem Salzburgring.

Am Rallye-Freitag steht das Rennen an, das dem Event seinen Namen gibt: das Gaisbergrennen. Ein 8,652 Kilometer langer Kurs immer bergauf in schwindelerregende Höhen, serpentinenartige, kurvige Straßen, mal mit, mal ohne Leitplanken. Höhenunterschied vom Start zum Ziel: 672 Meter.

Wir staunen, wie flott geübte Pilotinnen und Piloten im 30 Sekunden-Takt hochbrausen. 135 Teams aus 13 Nationen sind am Start, 47 verschiedene Automarken (darunter Exoten wie die Austro Daimler Kaiserwagen und Alpenwagen, beide je 112 Jahre alt) wollen den Berg bezwingen.

Wir bewundern alte Renn-Boliden wie Porsche 906 (Baujahr 1966) mit Rennlegende und Le Mans-Teilnehmer Rudi Lins am Steuer, einen Ferrari 512 M (Baujahr 1971) oder den 1965er Porsche 904 GTS, der von Ferdinand Porsches Enkel Hans-Peter Porsche (Sohn von Ferry Porsche) gelenkt wird.

Schloss hellbrunn

Rar und schick: ein Mercedes-Benz 300 SLS Porter Spezial (Baujahr 1955, 220 PS) vor Schloss Hellbrunn

Porsche-Parade vor Schloss Hellbrunn

Überhaupt sind bekannte Namen vor Ort: Dr. Wolfgang Reitzle (ehemaliger BMW-Vorstand) mit einem BMW 507, Mitglieder der Familie Piëch, der ehemalige österreichische BMW-Werksfahrer Dieter Quester (fuhr einen BMW 328 Roadster aus dem Jahr 1937).

Aufgrund des großes Teilnehmerfelds ist das Rennen gesplittet, während die eine Hälfte Punkte auf dem Gaisberg jagt, ist die andere Gruppe zur Wertungsfahrt im Flachgau unterwegs (mit Zwischenstopp in den Ferdinand Porsche Erlebniswelten: fahr(T)raum Mattsee).

Der Abend klingt aus mit einem Empfang im Schloss Hellbrunn (berühmt durch seine weltweit am besten erhaltenen Wasserspiele der Spätrenaissance).

Im Schlosshof zeigen sich als Reminiszenz an das 75-jährige Jubiläum der Marke nebeneinander aufgereiht sechs historische Porsche. Darunter ein 356 Speedster (Baujahr 1957), ein 356 A 1500 Carrera GS GT Coupé (Baujahr 1958), 356 Speedster 1500 (Baujahr 1954), ein 356 A 1500 Carrera GT Speedster (Baujahr 1957) und der schon erwähnte 906 von Rudi Lins. Echte Leckerbissen für Sportwagen-Fans.

Rennen 2

Kraftpaket: Kellison J-4R (Baujahr 1959, 6,6 Liter Hubraum, V8 mit 503 PS) auf dem Gaisberg

Red Bull-Gründer half beim Start

Bis spät in den Abend fachsimpeln die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei wohltemperiertem Veltliner über verpasste Zehntel-Sekunden und die beste Renn-Strategie für den nächsten Tag.

Gaisberg-Organisator Dr. Gert Pierer erzählt uns vom schwierigen Start des Gaisbergrennens vor über 20 Jahren: „Am Anfang wackelte die Finanzierung. Da sprang Dietrich Mateschitz ein, den ich noch aus meiner Schulzeit in der Steiermark kannte. Er bot uns eine Ausfallbürgschaft an, die wir aber nie in Anspruch nehmen mussten.“

Mit-Organisator Thomas Matzelberger ergänzt: „2003 konnten wir auf persönliche Einladung von Dietrich Mateschitz im damals noch nicht offiziell eröffneten Hangar 7 auf dem Flughafen das Fahrerlager errichten und den Eröffnungsabend begehen.“ Der futuristisch aussehende, ellipsoid-förmige Hangar 7, eine Stahlkonstruktion mit Glashaut und zwei auffälligen Türmen, ist heute bekannter Veranstaltungsort (u.a. für Fernsehtalkshows).

Dietrich Mateschitz, der vermögende Red Bull-Eigentümer, der im Oktober 2022 im Alter von 78 Jahren verstarb, war früher übrigens selbst Oldtimer-Fan, bis er seine Sammelleidenschaft auf alte Flugzeuge konzentrierte.

Gert Pierer Organisator

Dr. Gert Pierer, einer der zwei Organisatoren des Gaisbergrennens, im Gespräch mit dem ORF

Jaguar von Tommy Hilfiger

Die Sammelleidenschaft automobiler Klassiker hat auch Familie Schön aus Innsbruck fest im Griff. Vater Gerald Schön, pensionierter Radiologe, reist mit Sohn Alexander (IT-Spezialist) nach Salzburg. Sie bringen einen äußerst raren Jaguar XK 120 Full Alloy mit zum Gaisberg.

Weltweit existieren noch etwa 25 Stück des Aluminium-Modells, einer der Besitzer soll u.a. Tommy Hilfiger sein. In Österreich bin ich wohl der Einzige. Das Fahrzeug wurde 1950 an Hoffman New York ausgeliefert und dann nach Puerto Rico verkauft. Anfang der 80er Jahre kam der Wagen nach Europa“, sagt Gerald Schön nicht ohne Stolz.

Oldtimer sind ganz klar Familienangelegenheit, das wird schnell bei den Tschörners aus Hessen klar. Oberhaupt Gerald steuert bei der Rallye einen infernalischen Lärm produzierenden Railton light sports tourer (Baujahr 1936, V8, 4,1 Liter Hubraum), seine Söhne David und Aaron sind im Hotchkiss AM 80S (Baujahr 1932) unterwegs.

„Beim Railton spürt man alles, die kleinste Unebenheit der Straße, die Hitze des Motors und die Kraft des Drehmoments, wenn es bergauf geht“, schwärmt Gerald Tschörner.

Hellbronn menschenmassen

Menschenmassen pilgern zum Schloss Hellbrunn, um die Oldtimer hautnah zu erleben

Salzburger Schnürlregen und Gala-Abend

Beim letzten Tag des Gaisbergrennens geht es noch einmal hoch hinauf und dann auf den Salzburgring. Das sonnige Wetter mit angenehmen 25 Grad hält bis zum Rennschluss, dann setzt heftiger Regen ein - der berühmte "Salzburger Schnürlregen" meldet sich eindrucksvoll mit kräftigen Schauern.

Krönender Abschluss des Gaisbergrennens ist der Galaabend im Hangar 7 am Airport. Streckensprecher Oliver Zeisberger (bekannt aus dem ORF) moderiert schwungvoll und begeistert die Gäste als Entertainer wie weiland Peter Alexander spontan mit einer musikalischen Einlage: Der ganze Saal singt beim Evergreen „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ mit.

Elegant gekleidete Bedienungen servieren geflämmten Thunfisch im Sesammantel, Tagliatelle in Zucchini-Safran-Schaum, Rinderfilet mit sautiertem Spargel, dazu Grünen Veltliner aus dem Kremstal, Zweigelt Leithakalk oder Stiegl Gold-Bräu. Eine Band spielt dezent Funk und Soul, dutzende Scheinwerfer tauchen den Saal mit der Glaskuppel in violettes, rotes, gelbes Licht.

Dunkle Wolken

Zum Abschluss sind dunkle Wolken auf dem Gaisberg zu sehen - zum Glück setzt der Regen erst nach Renn-Ende ein

Wir landen auf dem 125. Platz

Jubel, als die Sieger des Gaisbergrennens bekannt gegeben werden. Ein Alfa Romeo hat trotz unseres Giulia-Ausfalls die Ehre der italienischen Marke gerettet.
Christopher Behensky und Lisa Hell sind in ihrem 1750 GTV (Baujahr 1969) der Konkurrenz davongefahren: 1. Platz, Gesamtsieg. Zweite werden Georg Geyer und Paul Hecht (Lancia Aurelia B12 saloon, Baujahr 1955), den dritten Platz erkämpfen sich Hermann und Barbara Wallner (Porsche 356 B Cabrio, Baujahr 1963).

Die Gaisberg-Organisatoren Dr. Gert Pierer und Thomas Matzelberger versprechen unter großem Applaus: „Es wird auch nächstes Jahr das Rennen geben. Wenn nichts dazwischen kommt.“ Mit einem Buckel-Volvo PV 544 (Baujahr 1960, 140 PS) wollte Manfred Schürmann aus Hechingen zum Gipfelstürmer in Salzburg werden. Gereicht hat es dann zu Platz 50. „Wir sind trotzdem zufrieden, lieben dieses Oldtimer-Event und sind nächstes Jahr wieder mit dabei“, freut sich der Schwabe.

Und das OCC Team? Wir werden 125. (von 128 gewerteten Teams). Da ist noch Luft nach oben, vielleicht im nächsten Jahr am Gaisberg… (dr)

Fotos: Angelo Poletto | SRC Salzburg Rallye Club OG | Dorian Rätzke | André Tichy

Hier gibt es alle Infos zum Gaisbergrennen

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