Brandschutz enorm wichtig:
Warum Oldtimer plötzlich Feuer fangen
Es passierte am 3. September auf der Perchtoldsdorfer Charity Classic Oldtimer-Rallye in Österreich: Ein Porsche 924 S (Baujahr 1988) geriet plötzlich in Brand. Der Eigentümer steuerte das Fahrzeug an den Straßenrand, er und sein Beifahrer konnten sich schnell in Sicherheit bringen, bevor die Flammen sich vom Motorraum durch den Kotflügel des Youngtimers gefressen hatten. Der Porsche war nicht mehr zu retten, brannte vollständig aus - Totalschaden. Und es kam noch schlimmer…
Die unterschätzte Feuergefahr im Auto: 16.900 Brandschäden bei
Fahrzeugen zählte der Gesamtverband der Deutschen
Versicherungswirtschaft (GDV) allein 2019 - Schadenssumme insgesamt 86
Millionen Euro. In Österreich geht der Berufsfeuerwehrverband von
täglich vier Bränden bei Pkw und Lkws im Schnitt aus, in der Schweiz
sind es ca. 1000 Brände pro Jahr (Eidgenössische Materialprüfungs- und
Forschungsanstalt).
Oldtimer sind besonders gefährdet. Sie verfügen über keinen
Flammschutz wie neue Pkw, zudem erhöhen alte Schläuche und poröse
Dichtungen die Brandgefahr.
Genauso so ein Defekt wurde dem Eigentümer des Porsche 924 S zum Verhängnis. "Vor der Rallye hatten wir den Wagen noch einmal gecheckt, da war alles in Ordnung. Während
der Fahrt gab es plötzlich ein lautes Plop-Geräsch, dann war starker
Benzingeruch wahrnehmbar. Der Wagen nahm kein Gas mehr an, ich sah Rauch
aus der Motorhaube. Wir haben geschaut, dass wir schnell zum
Stehen kommen. Dann hat es auch schon gebrannt. Komischerweise hat der
Innenraum nichts abbekommen. Bei der Untersuchung der Brandursache wurde
festgestellt, dass eine Metallverbindung an der Benzinleitung
abgerissen war", erzählt Rallye-Teilnehmer Gunther Pany dem OCC-Magazin.
Ein ähnliches Erlebnis widerfuhr auch dem Halter eines Ferrari 365 GTB/4 im Juli in der Südoststeiermark. Nach einer 30minütigen Fahrt auf der Landstraße hielt er in einem Ort zum Einkaufen. Als er die Fahrt fortsetzen wollte, passierte Folgendes: "Ich betätigte die Zündung und nach wenigen herkömmlichen Zündungsgeräuschen ertönte plötzlich ein abnormales Geräusch, gefolgt von zuerst starker Rauchentwicklung und gleich anschließenden Flammen aus dem Motorraum in Richtung Windschutzscheibe. Ich nahm einen der beiden Feuerlöscher, die ich immer dabei habe, betätigte den Hebel, der die Motorhaube leicht anhob, stieg schnell aus und begann das Löschmittel in den Schlitz zwischen Windschutzscheibe und Motorhaube hinein zu sprühen.
Eine Betätigung des Sicherheitshebels, der ein gänzliches Öffnen der Motorhaube ermöglicht hätte, war nicht denkbar, da die Hitzeentwicklung in diesem Bereich bereits zu stark war und die Flammen zu dem immer wieder in Richtung Windschutzscheibe heraustraten. Während des Löschens war mir schnell klar, dass ich mit den beiden kleinen Feuerlöschern nur etwas Zeit gewinnen könnte, bis mir jemand mit einem ordentlichen ,Haushalts-Feuerlöscher´ zu Hilfe kommen würde, da das Feuer immer wieder aufflammte," erinnert sich der Ferrari-Fahrer.
Zwei Mitarbeiter eines naheliegenden Betriebes hätten schließlich mit zwei großen Feuerlöschern geholfen, den Brand unter Kontrolle zu halten. Die Flammen konnten so noch vor Eintreffen der Feuerwehr gelöscht werden.
Der Ferrari-Eigner zu OCC: "Ich bin mir sicher, dass der Brand sich auf das gesamte Fahrzeug verteilt hätte und dieses nicht mehr zu retten gewesen wäre, wenn ich nur einen Feuerlöscher mitgeführt hätte. Die Hitzeentwicklung und die Flammen, die immer wieder aus dem Schlitz unterhalb der Motorhaube heraustraten, konnten durch mich gerade noch im Griff gehalten werden, bis der große Feuerlöscher eintraf."
Aber es gibt noch weitere Brandgefahren im Klassiker. Oldtimer-Expertin und Fahrzeugtechnik-Ingenieurin Laura Kukuk erklärt im OCC-Interview, warum manche Oldtimer beim Parken auf trockenem Gras plötzlich Feuer fangen können, wieso Batterien Brände auslösen können und welche Feuerlöscher besonders gut für den Brandschutz geeignet sind.
Die Expertise von Oldtimer-Expertin und Fahrzeugtechnik-Ingenieurin Laura Kukuk ist weltweit gefragt
Welche Bauteile sind besonders anfällig für Feuer?
Wodurch und wie wird ein Brand im historischen Liebhaberfahrzeug ausgelöst?
Laura Kukuk: „Für einen Brand oder ein Feuer benötigt es drei Dinge: Brennstoff, Hitze, Sauerstoff. Genau die Elemente, die auch einen Verbrennungsmotor antreiben. Da sich Sauerstoff satt in unserer Luft befindet, fokussieren wir uns auf die zwei verbleibenden Punkte, Brennstoff und Hitze. Gerade bei historischen Fahrzeugen, also älteren Modellen, können Verschleiß und Abnutzung bestimmter Bauteile zu einem erhöhten Risiko führen.
Klassischerweise hätten wir da poröse Schläuche, z.B. Benzinleitungen, welche entzündbare Flüssigkeiten oder Gase entweichen lassen und in Kombination mit heißen Bauteilen, z.B. dem Motor oder Abgasanlage, zu Bränden führen können.
Gerade im Motorraum kann auch ein gefluteter Vergaser - in Kombination mit dem sogenannten Backfire - eine chemische Reaktion hervorrufen, welche zu Feuer führt.
Kommt es bei noch kaltem Motor zu einer Verbrennung/Explosion im Zylinder bei noch nicht ganz geschlossenem Einlassventil, kann eine Flamme zurück durch den Ansaugstutzen dieses Zylinders kommen. Ist dann nicht die Luftfilteranlage montiert und wird z.b. ein gläserner Benzinfilter getroffen, kann ein Brand ausgelöst werden!
Des Weiteren können offene Isolierungen oder ein Kabelbruch (welcher den Kabelquerschnitt reduziert und somit zu Wärme Entwicklung führt) einen Lichtbogen hervorrufen, der in einem Kabelbrand mündet. Hier gliedern sich gleichermaßen ältere Ladegeräte ein, welche zum einen verschlissene elektronische Bauteile haben und zum anderen durch das stetige Laden der bereits vollen Batterie eine Übersäuerung hervorrufen können.
Dabei entsteht durch die blubbernde Batteriesäure sogenanntes Knallgas, das durch Wasserstoff und Sauerstoff freigesetzt wird und die Batterie zum Platzen (explodieren) bringt.
Noch ein Hinweis zum Abstellen des gefahrenen Fahrzeuges: Bei älteren Fahrzeugen verläuft die Abgasanlage häufig UNTER dem Fahrzeugboden. Dies kann beim Parken auf trockenem Gras o.ä. zum Entflammen führen!“
Der ausgebrannte Zwölfzylinder-V-Motor (4390 cm³, 352 PS) des Ferrari 365 GTB/4
Was tun bei Feuer im Oldtimer?
Was kann man tun, wenn man während der Fahrt Rauchentwicklung oder gar ein Feuer Im Wagen bemerkt? Wie kann man effektiv löschen? Sollte man es selbst tun – oder die Feuerwehr rufen?
Laura Kukuk: „Falls Sie während der Fahrt Rauchentwicklung oder gar Feuer bemerken, halten Sie umgehend an, schalten Sie den Motor ab und verlassen Sie das Fahrzeug. Falls Sie einen ABC-Pulver-Feuerlöscher zur Hand haben, können Sie mit kurzen gezielten Stößen den Brand bekämpfen. Falls Ihnen das nicht gelingt, entfernen Sie sich weitreichend und warten auf die alarmierte Feuerwehr.
Grundsätzlich ist es immer zu empfehlen, die Feuerwehr zu rufen. Entfachte Brände können durch naturgegebene Umstände schnell außer Kontrolle geraten und weitere Schäden an Lebewesen und Natur verursachen.
Welche Feuerlöscher sind besonders gut geeignet?
Wie kann man Bränden vorbeugen?
Laura Kukuk: „Zur Vorbeugung empfiehlt sich eine regelmäßige Sichtprüfung der Kabel, Schläuche und Sicherungen. Entfernen Sie in diesem Zuge auch „tote“ Kabel im Kabelbaum, falls vorhanden.
Wenn Ihre Fahrzeugbatterie in die Jahre gekommen ist, empfiehlt es sich, diese gegen eine neue auszutauschen, sowie ein Ladegerät anzuschaffen, welches über eine Laderegulierung verfügt.
Elektronische Bauteile lassen sich wunderbar mit Hilfe der Thermografie prüfen. Wie angesprochen, kündigen sich Kabelbrände o.ä. durch hohe Wärmeentwicklung an.
In Deutschland besteht noch keine Pflicht für das Mitführen eines Feuerlöschers, falls Sie aber doch etwas zu der Sicherheit Ihres Liebhaberfahrzeuges beitragen möchten, empfehlen die offiziellen Stellen zwei Pulverfeuerlöscher der Brandklasse ABC mit mindestens 4kg (für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen). Die Feuerlöscher sollten griffbereit zugänglich sein und alle zwei Jahre geprüft werden.
Für die heimische Garage oder Scheune empfiehlt sich ebenfalls ein Feuerlöscher, sowie das Abstecken der Batterie bei längeren Standzeiten.“
Ist ein Brand immer auch ein Totalschaden am Fahrzeug?
Laura Kukuk: „Hier kommt das Positive: Ein Brand ist nicht immer ein Totalschaden! Davon ausgehend, dass das Feuer rechtzeitig gelöscht werden konnte und das Fahrzeug noch erkennbar ist, übersteigen die Reparaturkosten selten den Versicherungs- oder Wiederbeschaffungswert.
Hier empfiehlt es sich mit einem fachbezogenen Oldtimer-Gutachter oder Gutachterin zusammenzuarbeiten. Für weitere Fragen stehen Ihnen die Experten unseres Ingenieurbüro Kukuk gerne zu Seite.“
Bei Oldtimer-Rallye ausgebrannt: Im Porsche 924 haben sich die Flammen durch Motorhaube und Kotflügel gefressen.
Wie reguliert die Versicherung einen Brandschaden?
Ein Schaden durch Feuer oder Brand ist bei OCC immer schon durch die Teilkasko-Versicherung abgedeckt. Sie wird den Schaden regulieren.
Der auf der Perchtoldsdorfer Oldtimer-Rallye ausgebrannte Porsche 924 S war übrigens nur Haftpflicht versichert.
Ärgerlich für Halter Gunther Pany, da er jetzt die Kosten für einen eventuellen Wiederaufbau selber tragen muss: "Der Wagen hatte Zustand 3, ich wollte ihn auf Zustand 2 ausbauen, deswegen hatte ich auch noch keine Kaskoversicherung abgeschlossen." Schon die Teilkaskoversicherung (kostet bei OCC etwa 100 Euro im Jahr für den Porsche 924 S) hätte den Wert des Autos (Zustand 3, ca. 6.500 Euro) komplett erstattet. (dr)
Fotos: Gunther Pany | Ingenieurbüro Kukuk | Privat
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