50 Jahre Golf 1
Eine Legende aus Wolfsburg
Am Anfang waren die Fußstapfen fast zu groß … Als der neue Golf 1 im März 1974 erstmals vom Band lief, überwog die Skepsis. Konnte er so erfolgreich wie sein beliebter, ausgereifter Vorgänger VW Käfer (18 Mio. verkaufte Exemplare) werden?
50 Jahre später hat die Geschichte bewiesen, dass die Konzernstrategen mit dem Golf richtig lagen: Er ist eine Automobil-Legende, bis heute liefen 37 Millionen Fahrzeuge vom Band.
Multi-Millionär, Kraftprotz, Frauenliebling: Wir zelebrieren den 50. Golf 1-Geburtstag mit Erinnerungen an den holprigen Start, Vergleichstests, der Modellgeschichte, Tipps für Golf-Interessierte und einem Ausblick auf die Wertentwicklung.
Die Prototypen EA 266, 276, 337 und der Blizzard
Schon Ende der 60er Jahre wird ein Nachfolger für den Dauerbrenner VW Käfer gesucht. Der VW-Vorstand skizziert die Erwartungen so: Dynamisch soll der Neue sein, aber auch sicher und komfortabel, zusätzlich noch kompakt und geräumig. 1969 erhielt die Porsche KG den Entwicklungsauftrag (EA) 266 für einen Prototypen mit selbsttragender Karosserie, großer Heckklappe und Mittelmotorkonzept. Ein wassergekühlter Reihenmotor wurde unter die Rücksitzbank integriert, was den Zugang bei Reparatur- und Wartungsarbeiten erschwerte. Dennoch erreichte der EA 266 eine Höchstgeschwindigkeit von 187 km/h.
Im Oktober 1971 ließ der damalige Volkswagenchef Dr. Kurt Lotz das Projekt stoppen – EA 266 wurde zu kostspielig. Über 50 Prototypen wurden mithilfe von schweren Leopard-Panzern platt gewalzt – und verschrottet.
In Wolfsburg arbeiteten die Ingenieure an EA 276. Das Konzept umfasste viele Merkmale des späteren Erfolgsmodells: Frontmotor mit Frontantrieb, Schrägheck mit großer Heckklappe, Verbundlenkerachse und einen unter der Rücksitzbank angeordneten Tank. Trotzdem war unter der Motorhaube der bekannte Käfer-Boxer mit Luftkühlung zu finden, was auf Zuverlässigkeit und niedrige Entwicklungskosten abzielte. Das markante Styling des zweitürigen Kompaktwagens war einzigartig für Volkswagen. Trotzdem wurde der EA 276 nicht weiterverfolgt und es blieb bei einem einzigen, zudem nicht voll funktionsfähigen Exemplar.
In Ingolstadt erfolgt dann die entscheidende Weichenstellung für den künftigen Golf. Rudolf Leiding, als Vorstand verantwortlich für die Audi Modelle 100 und 80, nutzt dort ein Antriebskonzept mit einem wassergekühlten Reihenvierzylinder (Motor EA 827), das ab 1971 auch den Golf in Wolfsburg vorantreiben könnte. Diese Triebwerke wurden dann in Entwicklungsauftrag 337 – den neuen Golf – eingepasst.
Das Design, beauftragt von Leidings Vorgänger Kurt Lotz und gestaltet von Giorgetto Giugiaro, der auch den VW Passat und den VW Scirocco entwarf, wird unter der Regie von Chef-Designer Herbert Schäfer weiterentwickelt. Der ursprünglich geplante Name „Blizzard“ wird verworfen und 1974 wird der Neue in der Volkswagen Familie als Golf begrüßt.
Stardesigner aus Italien und Entwicklungskosten von 1,5 Milliarden DM
Wer war für die Golf-Linie verantwortlich? Kein Geringerer als Giorgetto Giugiaro (Italdesign), einer der bedeutendsten Automobildesigner unserer Zeit, sollte die Karosserie entwerfen.
Im Januar 1970 kam es zu einem ersten Treffen zwischen Giugiaro und dem damaligen VW-Vorstandsvorsitzenden Kurt Lotz. Der machte klare Vorgaben: „Wir wollen, dass Sie uns einen Nachfolger für den Käfer zeichnen. Und wir sind zufrieden, wenn das Platzangebot im Innenraum ungefähr dem des Käfers entspricht“, erinnerte sich Giugiaro später. In den ersten Entwürfen zeichnete der Italiener den Golf übrigens mit rechteckigen Frontscheinwerfern, die das Spiegelbild zu den breiten Rückleuchten sein sollten. In der finalen Version bekam der Golf I dann runde Hauptscheinwerfer – aus Kostengründen.
Zum Start kommentierte das Unternehmen seinerzeit: „Der Golf bietet ein Maximum an Nutzraum und Sicherheit. Er ist kompromisslos auf die Praxis ausgerichtet“. Das Endprodukt war 165 Kilogramm leichter als ein Käfer, spritziger - 1,1-Liter-Motor mit 37 kW (50 PS) oder 1,5-Liter-Motor mit 51 kW (70 PS) – und immer noch günstig: 8.645,– D-Mark kostete der VW Golf L, nur 116,– D-Mark mehr als ein VW Käfer 1303 (8.529,– D-Mark).
Die Entwicklung des Golf 1 bis zur Produktionsreife (inklusive Produktionseinrichtung, Marketing und Händlerschulung) kostete den VW-Konzern 1,5 Milliarden D-Mark.
Der viertürige GTI (der ersten Serie mit 110 PS) wurde nur zweimal gebaut und von VW an berühmte Persönlichkeiten verschenkt. Giorgetto Giugiaru (re.) bekam als Golf-Schöpfer ein Exemplar, das zweite ging an Dirigent Herbert von Karajan.
Die ersten Tests und Vergleiche – das sagte die Fachwelt
Der Golf-Start war eher durchwachsen, wenn man zeitgenössischen Berichten Glauben schenken will. Besonders die Fachzeitschrift „auto, motor und sport“ (ams) nahm den Neuen hart ran. Positiv beurteilten die Journalisten nach einem 50.000 km Dauertest den variablen Gepäckraum mit Heckklappe, sowie das die Fahrleistungen sowie den Verbrauch begünstigende niedrige Eigengewicht.
Ebenso gut gefiel die Verarbeitung: Auch nach 50.000 km konnten die Tester noch keine Klappergeräusche vernehmen. Allerdings: „Obwohl nur einen Winter im Einsatz, blieb das Golf-Blechkleid nicht ganz von Rost verschont. Die üblicherweise gefährdeten Stellen wie Bug und Radlaufkanten widerstanden der Korrosion, nicht dagegen die Heckklappe“, notierte der ams-Experte.
Auch der neuartige VW-Rückhalteautomat (eine Art Gurt, der mit der Tür verbunden ist) fiel beim Tester unangenehm auf: „Besonders umständlich gestaltete sich der Einstieg mit aktentaschengroßen Gegenständen in den Händen, denn dabei ist das Gurtband stets störend im Weg. Wird die Rückenlehne umgeklappt und der Gurt dadurch etwas nach vorne gedrückt, zieht er automatisch die Tür zu – beim Einstieg in den Fond muss eine zweite Person die Tür aufhalten …“
Aus heutiger Sicht stellen sich viele damalige Bewertungen anders dar. Experte Joachim Quednau, 2. Vorsitzender der 1. Original Golf1-IG e.V., zum OCC-Magazin: „Volkswagen hat in den ersten Produktionsmonaten extrem viele Änderungen am Golf vorgenommen. Daher waren viele Beanstandungen im Dauertest in der Serie längst behoben. Das war das Problem der Dauertests über 50.000 oder 100.000 Kilometer. Wenn das Testende erreicht war, war der Golf bereits wieder an vielen Kritikpunkten völlig verändert. Daher half das den Käufern nur bedingt. Es war sehr ungeschickt von Volkswagen einen Dauertestwagen mit der Fehlentwicklung „Rückhalteautomat“ zur ams zu schicken. Es spielte, außer bei Fahrzeugen der Post, keine Rolle.“
In einem direkten Vergleich mit dem Golf 1-Vorgänger VW Käfer 1303, der damals noch als Neuwagen erhältlich war, bemängelten die Tester die karge Ausstattung des Golf 1, der Käfer bot mit dem M-Paket (116,– D-Mark günstiger als der Golf L) schon Scheibenbremsen, beheizbare Heckscheibe, Rückfahrscheinwerfer und Kopfstützen inklusive. Scheibenbremsen samt Bremskraftverstärker kosteten beim Golf 290 Mark extra. Eine vergleichbare Ausstattung zum Käfer schlüge mit etwa 600,-DM Mehrkosten zu Buche, so der Tester. Fazit: „Man bekommt beim Käfer deutlich mehr Auto für weniger Geld.“
Anfreunden konnte sich der ams-Experte dagegen mit dem „insgesamt nobleren“ Innenraum des Golfs mit weichen Vliessteppichen (beim Käfer nur Gummimatten). Er vermittle durch sein Armaturenbrett mit den zwei großen Rundinstrumenten „einen Hauch von Luxus“, die Sitze böten eine weichere Polsterung und mehr Seitenhalt.
„Die Ausstattung war bei der Präsentation 1974 wirklich nicht sehr umfangreich und wurde stets kritisiert. Hier hat aber auch Volkswagen stetig nachgebessert, auch weil der Druck von Fahrzeugen aus Italien oder Frankreich, wegen deren besserer Ausstattung, hier stärker wurde“, erklärt Golf 1-Fachmann Joachim Quednau.
Im Heft 1/1975 ließ „auto motor und sport“ einen Golf LS gegen fünf Konkurrenten der unteren Mittelklasse antreten (Alfa Romeo Alfasud, Citroën GS 1220 Club, Fiat 128 Special 1300, Opel Kadett 1200 S und Simca 1100 Special). Der Wolfsburger erreichte in der Gesamtwertung Platz 3, konnte vor allem mit seinem Motor und den geringsten Betriebskosten punkten. Der Sieg ging an den Citroën.
Joachim Quednau ordnet auch diese Ergebnisse ein: „In Vergleichstests haben zu der Zeit oft der Alfasud oder auch der Citroёn GS vorne gelegen. Das liegt aber oft auch an der Wichtung der Kriterien, da z. B. der Golf der kürzeste der Kandidaten war. Das führte im Karosseriekapitel zu Punktabzug wegen des knappen Knieraums hinten und des kleinen Kofferraums.“
Die erste Golf-Generation hatte noch das leicht abgewandelte Wolfsburger Stadtwappen auf dem Hupenknopf: Es zeigt den Wolf (Wappentier der Adelsfamilie von Bartensleben), das Schloss (Sitz des Adelsgeschlechts, ab 1302 als die Wolfsburg erwähnt) und die Aller.
Die Motoren-Palette
Der Golf 1 startete vor 50 Jahren mit zwei Motorenvarianten: einem 1,1 Liter Benziner mit 37 kW/ 50 PS, max. Drehmoment 77 Nm bei 3.000 U/min (VW-Motorkennbuchstabe FA) und einem 1,5 Liter Benziner mit 51 kW / 70 PS, max. Drehmoment 112 Nm bei 3.000 U/min (Motorkennbuchstabe FH). Höchstgeschwindigkeit: 145 km/h bzw. 157 km/h.
Später verkaufte VW für den deutschen Markt u.a. einen 1,3 Liter Benziner mit 60 PS, 1,5 Liter Benziner mit 70 PS, 1,6 Liter Benziner mit 75 PS und 110 PS (GTI), 1,8 Liter mit 112 PS (GTI) und diverse Diesel-Aggregate mit 1,5 Liter Hubraum (50 PS), 1,6 Liter (54 PS) und 1,6 Liter Turbo mit 70 PS. Sportlichstes Modell war ab 1976 der Golf I GTI (110–112 PS), der in stärksten Variante in 9 Sekunden auf Tempo 100 spurtete und einen Top-Speed von 183 km/h erreichte.
Unverwechselbare Front mit typischem Scheinwerfer und Blinklicht.
Die Ausstattung: Kopfstützen anfangs nur gegen Aufpreis
Bei Einführung startet der Golf I in zwei Ausstattungsvarianten: dem Grundmodell und der Ausstattungsvariante L (für Luxus). Der Golf ist auf Wunsch mit vier Türen oder einem Automatikgetriebe (nur mit 70 PS) bestellbar. Die Vordersitze haben einen Federkern. Kopfstützen sind keine serienmäßige Ausstattung, dafür aber Sicherheitsgurte (ohne Aufrollautomatik). Bei Bestellung des Rückhaltesystems, erst später lieferbar, sind die Sitze geschäumt und mit verstellbaren und herausnehmbaren Kopfstützen versehen. Ab 1976 stellt der Golf GL die höchste Ausstattungsstufe dar: Er unterscheidet sich äußerlich durch verchromte Radkappen und bronzegetönte Scheiben. 1981 wird die Modell-Palette erneut umstrukturiert: Das Golf Grundmodell heißt jetzt C, das L-Modell CL.
Ausstattung ab Werk VW Golf L, 1,1 Liter, 50 PS (1974)
Grundpreis: 8.645,– DM
4 Türen: 415,– DM
Stahlgürtelreifen: 240,– DM
Scheibenbremsen vorn mit Bremskraftverstärker: 290,– DM
Drehstromlichtmaschine: serienmäßig
Automatikgetriebe: nur in Verbindung mit 1,5-Liter-Motor erhältlich
Stahlschiebedach: 423,– DM
Liegesitze: serienmäßig
Zeituhr: serienmäßig
Tageskilometerzähler: serienmäßig
Zigarettenanzünder: serienmäßig
Tankschloss: 11,– DM
Scheinwerfer-Waschanlage: 181,– DM
Automatik-Sicherheitsgurte: 57,– DM
Kopfstützen: 64,– DM
Heizbare Heckscheibe: 107,– DM
M-Paket (Rückfahrscheinwerfer, elektrischer Scheibenwascher, abblendbarer Innenspiegel, heizbare Heckscheibe): 235,– DM
Leicht, flott und schnell: der erste Golf GTI. Gut erhaltene Exemplare kosten heute ab 20.000 Euro (Zustand 2)
Golf GTI: Er debütierte 1975 auf der IAA
Der Golf GTI wurde 1975 auf der IAA in Frankfurt vorgestellt. Mit einer Leistung von 81 kW (110 PS) aus einem 1,6-Liter-Einspritzmotor von Audi und einer kompakten Karosserie in Marsrot überraschte er die Besucher.
Erhältlich in Diamantsilber metallic und Marsrot, präsentierte sich der GTI mit einer sportlichen Ausstattung: Chromteile wurden durch schwarze ersetzt, der Kühlergrill trug den GTI-Schriftzug mit roter Umrandung. Im Innenraum fanden sich körpergerecht geformte Sportsitze mit Schottenkaro und das bekannte Golfball-Schaltmuster.
Das Fahrzeug bot ein reizvolles Gesamtkonzept mit niedrigem Benzinverbrauch und einem Basisgewicht von nur 810 Kilogramm für hohe Fahrdynamik und Wirtschaftlichkeit.
Trotz anfänglicher Skepsis seitens der Entwicklungsmannschaft verkaufte sich der GTI hervorragend: Zwischen 1976 und 1983 wurden insgesamt 462.000 Stück produziert. Der VW Golf GTI erlangte schnell Liebhaberstatus und feierte Erfolge im internationalen Motorsport.
Zu einem begehrten Sammlerstück entwickelte sich der Pirelli-GTI. das GTI-Sondermodell wurde von Mai bis Oktober 1983 gebaut. Nach Werksangaben liefen 10.500 Exemplare vom Band, Neupreis: 20.285 DM (zweitürig) oder 20.980 DM (viertürig). Vorsicht: Manchmal werden auch normale Golf 1 GTI aus „Pirelli-Golf“ angeboten. Ein Blick auf die Modellkennziffer gibt dann aber Aufschluss: Der Zusatz W65 für lackierte Anbauteile oder W64 für unlackierte Anbauteile deckt auf, ob es sich wirklich um das begehrte GTI-Sondermodell „Pirelli“ handelt. Markenzeichen des echten Pirelli: Alufelgen mit P-Lochmuster und den darauf aufgezogenen Reifen Pirelli CN 36 in der Größe 185/60 HR 14, Vierspeichen-Sportlenkrad mit lederbezogenem Kranz, Doppelscheinwerfer-Grill mit Halogen-Haupt- und Nebelscheinwerfern.
Damit konnte und kann man sich auch in den feinen Gegenden der Republik sehen lassen: das beliebte Golf I Cabrio.
In Osnabrück bei Karmann produziert: das Golf 1 Cabrio
In den 80ern wurde das sogenannte „Erdbeerkörbchen“ richtig populär: Millionen Hausfrauen schmolzen vor den Fernsehbildschirmen dahin, wenn der blonde Hüne Sascha Hehn (alias Dr. Udo Brinkmann) in der „Schwarzwaldklinik“ (ZDF) mal eben in sein weißes Golf I Cabrio sprang – wohlgemerkt bei geschlossenen Türen. Der Bügel über der B-Säule (bzw. der Henkel vom „Erdbeerkörbchen“) machte diese Sportübung möglich …
Schon 1979 präsentiert Volkswagen die offene Variante des Golf I unter dem Slogan „Sonne, Mond und Cabrio“. Ein markantes Merkmal ist der feste Bügel über der B-Säule, der als Antwort auf Sicherheitsbedenken der 70er Jahre konstruiert wurde. Dieser Bügel dient als idealer Punkt für die vorderen Sicherheitsgurte und sorgt für eine sichere und geräuscharme Führung der Seitenscheiben.
Die gemeinsame Entwicklung von Volkswagen und Karmann wird ab dem 14. Februar 1979 in Osnabrück produziert und tritt sofort als legitimer Nachfolger des berühmten Käfer-Cabriolets auf. Der offene Golf, ebenso wie sein Vorgänger, bietet Platz für vier Personen und erobert schnell den Markt, wie die Verkaufszahlen zeigen. Insgesamt werden 392.000 Einheiten gebaut, darunter auch noch heute gefragte Sondermodelle.
Das Sondermodell Etienne Aigner, das zusammen mit dem gleichnamigen Münchener Luxus-Modelabel entstand, kam in den edlen Farben „Midnightblue perleffekt“, „Bordeaux perleffekt“ und „Mangrovengrün metallic“. Die Stoffsitzbezüge der Sportsitze aus Jacquard-Flachgewebe trugen das eingewebte Aigner-Hufeisen und ein farblich abgestimmtes Lederband. Verantwortlich für die schicke Innenausstattung war VW-Designerin Gunhild Liljequist. Die interne Premiere ging beinahe schief: In der Nacht vor der Präsentation der neuen Modelle vor dem VW-Vorstand verschwanden plötzlich alle handgefertigten, verchromten Aigner-Hufeisen – sie wurden offenbar von Trophäenjägern gestohlen. Trotz der Panne: Dem Vorstand gefiel das Cabrio auch ohne Hufeisen …
Insgesamt sollen 2951 Golf 1 „Etienne Aigner“ entstanden sein, davon 1460 Fahrzeuge für den US-Markt.
Mit leistungsstarken Benzinmotoren, darunter ein 1,5-Liter-Motor mit 51 kW (70 PS) in der GL-Ausstattung und der aus dem GTI bekannte 1,6-Liter-Motor mit 81 kW (110 PS) in der GLI-Ausführung, überzeugt der Golf Cabriolet sogar Käfer Cabriolet-Fahrer.
Stärken und Schwächen - das sollten Sie beim Kauf eines VW Golf I beachten
Pluspunkte:
- einfache Wartung, günstiger Unterhalt
- Ersatzteilversorgung gut durch VW, Volkswagen Classic Parts und freie Händler
- auch für Einsteiger einfach zu reparieren
- Bauteile sind gut erreichbar im Motorraum
- günstiger Verbrauch (ca. 5 Liter / 100 km – max. 10 Liter / 100 km)
- bezahlbare Ersatzteile
Minuspunkte
- Rostprobleme an Karosserie (besonders Tank und Unterboden bei frühen Modellen)
- Verschleiß an Innenausstattung (Stoffe, Sitze, Verkleidung) und Armaturenbrett (Risse, Folie)
- Probleme mit Stehbolzen bei 1100 N Motor
- Austausch der Trommelbremsen sehr teuer
Wie viele Golf 1 gibt es noch?
Laut Zulassungsstatistik des Kraftfahrbundesamtes (Stand 1.1. 2023) waren im letzten Jahr noch 43.888 Golf 1-Modelle in Deutschland zugelassen. Besonders rar sind die Golf S/LS/GLS mit 1,5-Liter-Motor und 70 PS aus dem Modelljahr 1975, von ihnen existieren nur noch 134 Fahrzeuge. Danach folgte im Modelljahr 1976 eine Hubraumvergrößerung aller EA 827-Motoren im Konzern auf 1,6 Liter durch eine größere Zylinderbohrung.
Diese Version mit 75 PS wurde zwei Jahre lang produziert. Dann hat man zur Verringerung von Verbrauch und Geräuschen eine Kurbelwelle mit geringerem Hub verbaut und den Hubraum wieder auf 1,5 Liter und die Leistung auf 70 PS verringert. Von dieser 1,5 Liter / 70 PS Version sind in Deutschland noch 2111 Fahrzeuge zugelassen.
Am meisten verbreitet sind noch die Golf 1 Cabrios (1,8-Liter-Einspitzmotor mit 98 PS), die von 1989 bis 1993 gebaut wurden. Von ihnen sind noch 21.954 Exemplare auf deutschen Straßen unterwegs. Bemerkenswert, dass (im Vergleich zu den Produktionszahlen) extrem wenige Golf 1-Diesel überlebt haben. Dafür aber relativ viele Golf 1 GTI im Gegensatz zu den kleinen Benzinmotoren. Grund dafür: Das Restaurieren eines 50 PS-Benziners oder Diesels kostet genauso viel wie bei einem GTI - der GTI hat aber nach der Restaurierung einen vielfachen Wert (Quelle: 1. Original Golf 1 Interessengemeinschaft e.V.).
Was ist mein Golf 1 noch wert?
Die Wertentwicklungskurve für den Golf 1 zeigt sich stabil und klettert kontinuierlich nach oben. Begehrte Sondermodelle wie der Pirelli Golf 1 GTI knacken schon mal die 30.000 Euro-Marke, aber auch Modelle wie das Etienne Aigner Golf 1 Cabrio sind beliebte Anlagestücke und sehr gefragt.
Es gilt: Je besser die Ausstattung ab Werk, desto höher der Preis. Frühe Golf 1 in LS und GLS-Ausstattung liegen im Zustand 2 bei etwa 12.000 Euro, Diesel-Modelle sind günstiger und liegen bei etwa 6.000 bis 7.400 Euro (Zustand 2). Preise gelten für Dreitürer, Viertürer werden nur geringfügig höher gehandelt. (Quelle: Classic - Analytics).
Der Schnellste: Tuning-Golf 1 rannte 232 km/h
Der deutsche Tuner Günter Artz verpflanzte Ende der 70er Jahre unter die Golf-Haube den V8-Motor und die Technik eines Porsche 928. Die Karosserie wurde um 21 cm verbreitert und um 30 cm verlängert. Zwei Exemplare entstanden, die stärkste Version hatte 300 PS und ein Drehmoment von 385 Nm. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h schaffte der Kraftprotz in 7,6 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 232 km/h.
Der Preis: 120.000 – 150.000 D-Mark. In den USA wurde der Golf 1 unter dem Namen „Rabbit“ verkauft. In Südafrika lief der Golf 1 noch bis zum Jahr 2009 als Citi Golf (Neupreis ca. 8.785 Euro) vom Band. Vom Rechtslenker wurden über 700.000 Exemplare gebaut, in der EU durfte er wegen seiner schlechten Abgasnorm EU2 in den letzten Jahren durch die Verschärfung der Abgasgesetze nicht als Neufahrzeug zugelassen werden.
Kurios: 1978 wurden über 10.000 Golf 1 in die DDR geliefert. Dort wurden sie zu einem Preis von etwa 19.000 DDR-Mark verkauft. Im Gegenzug lieferte die DDR bei diesem Kompensationsgeschäft u.a. Rückleuchten, Braunkohle, eine Karosseriepresse und hochwertige Zeiss-Optik für ein Planetarium nach Wolfsburg.
Technische Daten und Abmessungen des Golf I
Motor: Vierzylinder, wassergekühlt
Einbaulage Motor: Front, quer
Antrieb: Front
Radstand: 2400 mm
Limousine
Länge: 3705 – 3815 mm
Breite: 1630 mm
Höhe: 1410 mm
Gewicht: 790 - 930 kg
Cabrio
Länge: 3815 mm
Breite: 1630 mm
Höhe: 1410 mm
Gewicht: 905 - 970 kg
Was passierte noch 1974 in Deutschland und der Welt?
Nicht nur der Verkaufsstart des VW Golf 1 sorgte für Wirbel - 1974 ist insgesamt ein spannendes und bewegendes Jahr rund um den Globus. Die weltweite Ölkrise hat auch Deutschland fest im Griff. Kraftstoff ist knapp und teuer. Helmut Schmidt (SPD) wird nach dem Rücktritt von Willy Brandt (SPD, Affäre um DDR-Spion Günter Guillaume) neuer Bundeskanzler.
Rücktritt auch in den USA – Richard Nixon gibt sein Amt nach dem Watergate-Skandal ab. Die Bundesrepublik verliert bei der WM im eigenen Land im deutsch-deutschen Duell gegen die DDR 0:1 (Tor durch Jürgen Sparwasser), wird aber später doch noch Fußball-Weltmeister – mit einem Sieg gegen Erzrivalen Holland, Boxer Muhammad Ali ringt George Foreman im sogenannten „Rumble in the Jungle“, einem der spektakulärsten Kämpfe aller Zeiten nieder. Die schwedische Band ABBA gewinnt mit „Waterloo“ den Eurovision Song Contest. (dr)
Das OCC-Magazin bedankt sich für die fachliche Unterstützung und Beratung bei Jan-Hendrik Linnenkamp und Joachim Quednau von der 1. Original Golf I IG e.V.
Fotos: Volkswagen AG
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