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Porsche und Zündapp –
auf gute Zusammenarbeit!

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Gastartikel aus dem Magazin Austro Classic*

Die Zusammenarbeit von Ferdinand Porsche und dem Nürnberger Zündapp-Werk war in den 1930er-Jahren weitaus intensiver, als bislang angenommen wurde und ging weit über den bekannten Versuchswagen des „Typ 12“ hinaus.

In den ausgehenden 1920er-Jahren war es eine kleine Schar an Technikern, die sich dafür einsetzten, zukünftig den Motor in einem Personenwagen nicht mehr vorne, sondern im Heck einzubauen. Natürlich war es schwierig, diese neue Ansicht gegen die alteingesessene Konstrukteursriege durchzusetzen, denn der Einbau des Motors über der Vorderradachse brachte keine erkennbaren Nachteile mit sich und hatte sich bewährt. Von den Verfechtern des Motoreneinbaus im Heck warben besonders der ungarisch-jüdische Ing. Josef Ganz und der Österreicher Ferdinand Porsche für das neue Konzept. Wie ernst die neue Denkweise aber auch namhafte Hersteller nahmen, zeigte sich im Hause Daimler-Benz AG, als auch Dr.-Ing. e.h. Kurt Nibel – seit dem 1. Januar 1929 technischer Direktor – den Bau von derartigen Testfahrzeugen befürwortete.

Ing. Josef Ganz übernahm ab 1928 den Posten des Chefredakteurs der Zeitschrift „Motor-Kritik“ und konnte in diesem Blatt seine Vorstellungen dem gewöhnlichen Autofahrer nahebringen. Neben der Platzierung des Antriebs im hinteren Teil des Autos machte er sich auch stark für einen Personenwagen, der für jedermann erschwinglich sein sollte, familiengerecht war und eine hohe Massenfertigung erlaubte – kurzum ein „Wagen für das deutsche Volk“. Dieser Gedanke war nicht neu, doch ein wirkliches Erfolgsrezept konnte bis dahin noch niemand vorlegen. Josef Ganz wollte jedoch beweisen, dass sein Konzept die ideale Basis dafür war. Bei der Nürnberger Motorradfabrik Ardie stieß sein Vorschlag auf Interesse und es wurden auch mindestens zwei Prototypen davon auf die Räder gestellt. Sowohl eine drei- als auch eine vierrädrige Version wurde zugelassen, getestet und doch konnte keines der beiden Modelle den jüdischen Firmeneigentümer Willy Bendit davon überzeugen, eine Serienproduktion aufzunehmen.

Mit "Kommissbrot" bekannt geworden

Nach späterer Aussage von Josef Ganz interessierte sich zur gleichen Zeit auch das nur wenige Straßenzüge weiter gelegene Zündapp-Werk an seinem Kleinwagen. Treibende Kraft war hier der Inhaber selbst – Geheimrat Dr. Fritz Neumeyer. Zwischen Ing. Ganz und Herrn Neumeyer kam es zu keiner Zusammenarbeit und doch wusste Ing. Ganz später zu berichten, dass der Zündapp-Chef die Konstruktionsunterlagen seines bei Ardie gefertigten Autos in die Hände bekommen hatte und sich damit an Fidelis Böhler mit der Bitte wandte, daraus einen Zündapp-Ableger zu konstruieren. Fidelis Böhler hatte sich an der Schwelle zu den 1930er- Jahren mit der Konstruktion des erfolgreichen Hanomag 2/10 PS – im Sprachjargon besser unter dem Namen „Kommissbrot“ bekannt geworden – gemacht.

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Leider hat aus dieser Beziehung zwischen Fidelis Böhler und Geheimrat Neumeyer bis heute nichts überlebt, so dass die Glaubwürdigkeit dieser Episode einzig auf der Aussage von Josef Ganz basiert. Erwiesen ist jedoch, dass auch Böhler und der Zündapp-Boss nicht miteinander ins Geschäft kamen. Es darf sogar davon ausgegangen werden, dass Fidelis Böhler überhaupt keine einzige Zeichnung für Zündapp fertigte.

Antrittsbesuch bei Ferdinand Porsche

Geheimrat Neumeyer ging einen anderen Weg und klopfte bei Ferdinand Porsche an. Dr. Ing. h.c. Ferdinand Porsche hatte zwar erst offiziell am 25. April 1931 in der Stuttgarter Kronenstraße 24 sein Entwicklungsbüro mit dem Namen „Dr. Ing. h. c. F. Porsche GmbH, Konstruktionen und Beratung für Motoren und Fahrzeuge“ ins Leben gerufen, doch bereits seit dem 1. Dezember 1930 bot er unter gleicher Adresse seine Dienste als freischaffender Konstrukteur an. Seine erste Auftragsarbeit lieferte er dem Wanderer-Werk, dem er sowohl ein Chassis konstruierte als auch eine Karosserie zeichnete. Einen solchen Wagen mit eigens entworfenem Aufbau fuhr er auch als „Firmenwagen“ – vermutlich, um seiner Kundschaft anhand eines praktischen Beispiels eindrucksvoll sein Können zu demonstrieren. Auch Geheimrat Neumeyer bekam ein Foto von diesem Wagen ausgehändigt und hatte vermutlich auch sofort Vertrauen in die Arbeiten des Wahl-Schwaben. Der Zündapp-Chef und Ferdinand Porsche hatte offenbar schnell eine gemeinsame Interessenslinie gefunden und das Stuttgarter Konstruktionsbüro bekam den Auftrag, einen viersitzigen Personenwagen zu konstruieren, der nun Zündapp zum Einstieg in das Autogeschäft verhelfen sollte.

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In der Kronenstraße 24 wurde hausintern dem Projekt die Typennummer „12“ vergeben und bereits am 4. April 1931 – also noch vor der offiziellen Firmengründung – präsentierte das Porsche-Büro den ersten Entwurf. Interessant ist, dass in dieser ersten Skizze eine rundliche Front den viersitzigen PKW zierte. Anleihen am wenige Jahre später gezeichneten KdF-Wagen sind unverkennbar. Allerdings gefiel diese rundliche Fronthaube dem Zündapp-Boss nicht und er forderte eine eckige Form – wohl aus Angst, dass ein Verzicht des bisher so gewohnten eckigen Kühlgrills die Käufer abhalten würde. Nach den Wünschen von Geheimrat Neumeyer wurde aber nicht nur die Front geändert, sondern auch der Motor. Statt des von Porsche favorisierten Boxermotors im Heck beharrte Neumeyer auf einen 5-Zylinder-Sternmotor.

Prototyp in Stromlinie

Unabhängig davon, dass der Einfluss von Zündapp in der Umsetzung des Prototyps Niederschlag fand, präsentierte das Stuttgarter Büro mit Datum vom 1. Dezember 1931 eine Skizze, die mit „Stromlinie“ bezeichnet wurde und Züge trug, die bereits die Linie des späteren Volkswagen vorneweg nahm. Es folgten tiefer ins Detail gehende Pläne, wie zum Beispiel mit Datum vom 2. März 1932, als Hr. Fröhlich die „Chassiszusammenstellung“ mit dem Sternmotor auf Zeichenpapier brachte. Immer weiter gingen die Entwürfe nun in die Einzelheiten, wie beispielsweise die Darstellung des Bremskreises aller vier Räder vom 3. September 1932. Noch überaus optimistisch, dass der Wagen wohl bald seine praktische Bewährungsprobe bestehen würde, verfeinerten die Porsche-Mitarbeiter auch die bemaßten Skizzen der „Typ 12“-Version als Cabriolet. Erste Entwürfe sind – wie die „Stromlinien“-Zeichnung – mit dem Datum des 1. Dezember 1931 beschriftet und weisen die Bezeichnung „4-Sitz-Cabriolet“ und „Typ 12 K“ auf. Sowohl die geschlossene Karosserie, als auch die Cabriolet-Version wurden im Frühjahr 1932 bei den Stuttgarter Karosserie-Spezialisten der Firma Reutter angefertigt.


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Per Bahn gelangten die Unikate nach Nürnberg, wo sie im Zündapp-Werk auf das Chassis montiert wurden. Mit drei fahrfertigen Prototypen wurden schließlich die praktischen Erfahrungen gesammelt. Im Hause Zündapp war man über den baldigen Anlauf einer automobilen Serienfertigung derart optimistisch, dass bereits im Mai 1931 – also zu einem Zeitpunkt, in dem der Wagen nur auf dem Papier bestand – eine Presseerklärung herausgegeben wurde, in der die Aufnahme einer PKW-Fertigung vollmündig angekündigt wurde. Intern erging auch schon der Arbeitsauftrag, wie diese anlaufen sollte. Die Planung sah dabei vor, dass für die Einrichtung der Produktionsanlagen für eine gewisse Zeit auch die Motorradfertigung stillstehen würde.

5-Zylinder-Sternmotor mit Kühlproblemen


Doch die Praxis zeigte, dass gerade der luftgekühlte 5-Zylinder-Sternmotor im Heck des Autos unter erheblichen Kühlproblemen litt. Weiterhin gab es auch Mängel am Getriebe und in Praxistests wurde moniert, dass durch den groß bauenden Sternmotor der Raum für die beiden Fondpassagiere sehr eng ausfiel. Die am Autoprojekt Beteiligten realisierten offenbar schnell, dass die Beseitigung der aufgetretenen Schwierigkeiten einen enormen konstruktiven Aufwand bedeutete. Dies, ein hohe finanzielle Investition zum Anlauf einer Serienfertigung, aber auch die ansteigende Nachfrage nach Motorrädern führte bei der Zündapp-Geschäftsführung zu dem Entschluss, das Projekt Typ 12 nicht mehr weiterzuverfolgen. Dieser Beschluss hieß aber keineswegs, dass damit auch die Zusammenarbeit mit dem Konstruktionsbüro von Porsche endete.

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In Nürnberg war der Wunsch nach einer Automobilfertigung keineswegs begraben und binnen weniger Monate reiften Pläne, die Fertigung eines kleinen Lieferwagens wäre die perfekte Ergänzung zur Motorradfertigung. Die Firmenleitung entschied sich für ein Lieferdreirad. Ob sich die Herren in Nürnberg dabei vom Verkaufserfolg ähnlich kleiner Lieferwagen inspirieren ließen, ist nicht überliefert, doch die seit 1928 bestehende Führerscheinfreiheit für Dreiräder mit maximal 350 kg gab der Szene einen Aufschwung, so dass Zündapp hier wohl großes Käuferpotential sah. Der Auftrag zur konstruktiven Ausarbeitung des Chassis mit Karosserie, aber ohne Motor, ging erneut an das Stuttgarter Büro von Ferdinand Porsche.

Dreirad mit 6 PS und Holzverkleidung

Dieses lieferte mit Datum vom 7. Februar 1933 erste Zeichnungen, die in der hauseigenen Typenfolge mit der Zahl „24“ versehen wurden. Als Antrieb sollte ein 6- PS-Zweitaktmotor aus der Motorradfertigung dienen. Nach ein paar gefertigten Modellen und auch schon gedruckten Prospekten erkannte die Nürnberger Direktion jedoch, dass die Fahrleistungen sehr bescheiden waren und die Montage des mit Holzteilen verkleideten Dreirads wurde gestoppt. Als Verbesserung folgte eine vierrädrige Ausführung mit einem leistungsstarken Halbliter-Boxermotor, doch diese Entwicklung basierte nach heutigen Erkenntnissen nicht mehr auf einer Idee der Stuttgarter Konstrukteure. Ungeklärt bleibt in diesem Zusammenhang, ob ein als Testexemplar aufgebauter dreirädriger Personenwagen auf Basis der Lieferwagenkonstruktion entstand.

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Im Vergleich dazu wurde das Fahrgestell umgedreht und die Achse lenkbar, während ja beim Dreirad-Lieferwagen das einzelne Rad gelenkt war. Doch auch wenn diese Idee durch Zündapp-Techniker konzipiert und realisiert wurde, so drängte Geheimrat Dr. Fritz Neumeyer weiterhin darauf, in den PKW-Automobilsektor einzusteigen. Eine vierrädrige Konstruktion eines zweisitzigen kleinen Wagens fand nun seine Aufmerksamkeit. Bis auf ein einziges Foto haben jedoch keinerlei Informationen zu dieser Konstruktion überlebt. Als Antrieb war ein 400er Boxermotor vorgesehen, wie er in dem Motorrad K 400 zum Einbau kam. Im Gegensatz zum „Typ 12“ war nun der Einbau des Motors wieder in althergebrachter Weise unter der vorderen Haube vorgesehen. Von wem der Entwurf dieses Zweisitzers stammte, ist leider nicht bekannt. Offenbar genügte die technische Ausführung jedoch nicht den Ansprüchen von Geheimrat Neumeyer, denn das Nürnberger Werk vergab einen Auftrag für die Konstruktion einer Achskonstruktion an das Porsche-Konstruktionsbüro.

Ungeklärt: Baute Zündapp auch den Mathis?

Unter der Typenfolge „26“ wurde in Stuttgarts Kronenstraße der neue Arbeitsauftrag eingetragen. Mindestens ein fahrfertiges Exemplar des Sportwagens wurde im Jahre 1933 aufgebaut, doch traten wohl auch hier größere Probleme auf, und auch dieser Wagen wurde verworfen. Im Anschluss daran ergab sich eine Situation, die Spielraum für Hypothesen bietet: Im Anschluss an die Achskonstruktion für Zündapp folgte im Entwicklungsbüro von Porsche der nächste Arbeitsauftrag mit der Nummer „27“. Dies geschah ebenfalls im Jahre 1933. Dieser Arbeitsauftrag umfasste einen Personenwagen für die elsässische Autofirma „Mathis“. An dieser Stelle sei betont, dass dieser Auftrag in keinerlei Zusammenhang mit der Firma Zündapp stand. Doch gerade dies lädt zur Spekulation ein. Denn just von diesem „Mathis“-PKW überdauerten Fotos im Zündapp-Archiv. Daraus ergibt sich die spannende Frage: Konnte es sein, dass zwischen Ferdinand Porsche und Fritz Neumeyer ein derart kollegiales, ja eigentlich schon freundschaftliches Verhältnis entstand, das dazu führte, dass der Konstrukteur dem Nürnberger Firmenchef von diesem Auftrag erzählte oder gar Unterlagen davon übergab?


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Der „Mathis“-Wagen hätte vom Grunde her durchaus in die Wunschvorstellung Neumeyers gepasst. Der viersitzige Wagen mit Motor im Heck entsprach durchaus den Kriterien eines „Modells für jedermann“ – als analoger Werbespruch für die ersten Zündapp-Motorräder ab 1921. Ob sich hinter der Deutung etwas Wahres verbirgt, bleibt vermutlich für immer unbekannt. Der letzte Versuch in den 1930er-Jahren, doch noch den Weg zum Automobilproduzenten einzuschlagen, ging auf eine Konstruktion des begnadeten Konstrukteurs Albert Roder zurück. Dieser hatte von 1928 den Posten des zweitverantwortlichen Konstrukteurs inne und verließ das Nürnberger Werk 1936. Ob er in dieser Stellung dazu beauftragt wurde, einen rasanten Sportwagen zu entwickeln ist nicht gesichert, es konnte auch sein, dass er die Konstruktion bereits fertig in seiner Schublade hatte und sich bei Zündapp die Gelegenheit bot, das Konzept zu realisieren.

Zündapp konzentriert sich auf Motorräder


Auch hiervon haben keine Aufzeichnungen die Jahrzehnte überdauert, doch auch davon wurde erwiesenermaßen mindestens ein Exemplar gefertigt. Auf der Automobilmesse in Berlin wurde der Wagen der Öffentlichkeit präsentiert. Im Gegensatz zu den von Direktor Neumeyer stets geforderten Automobil für die Masse der Bevölkerung wäre der extreme Sportwagen aus der Hand von Albert Roder ein teures Fahrzeug für eine erlesene Käuferklientel gewesen. Doch für einen rasanten Sportwagen fehlte Zündapp sowohl der firmengeschichtliche Background, ein adäquates Vertriebsnetz und wohl auch die tiefergehende Kenntnis im Bau eines derartigen Boliden. Das Projekt wurde ebenfalls verworfen. Ob dies der Zündapp-Firmengründer noch mitbekommen hat, ist nicht gesichert, denn der Firmenpatriarch verstarb am 2. September 1935 im Alter von 60 Jahren. Sein Sohn Hans Friedrich Neumeyer verfolgte die Autopläne seines Vaters zunächst nicht weiter, dennoch griff auch er einmal auf die konstruktiven Fertigkeiten von Ferdinand Porsche zurück. Im Jahre 1936 vergab das Nürnberger Werk den Auftrag nach Stuttgart, „Studien für Motorradmotoren“ auszuarbeiten. Nach überlieferten Aussagen handelte es sich hierbei um technische Ausarbeitungen für den Zylinderkopf des oben gesteuerten Boxermotors der KS 600. Dieses Modell wurde zum Verkaufsschlager im Zündapp-Motorradprogramm und gerade die Nachfrage aus Militärkreisen ab der Mitte der 1930er-Jahre ließen keinen Raum mehr für den Gedanken an eine zivil ausgelegte Autoproduktion.

*Text und Fotos: Thomas Reinwald
Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin Austro Classic 05/20
Wir bedanken uns für die freundliche Genehmigung