Mit 95 PS in die Alpen:
die OCC Jungfrau-Rallye 2022
4.158 Meter über dem Meeresspiegel
Von DANIELA FRIEDRICH
Die Jungfrau-Rallye trägt zwar die „Frau“ im
Namen, Namensgeber der Rennveranstaltung nur für Frauen ist aber ein
kolossaler Berg mit dem Namen Jungfrau. Der liegt im Berner Oberland und
misst stolze 4.158 Meter, die dritthöchste Erhebung der Berner Alpen.
Die OCC Jungfrau-Rallye führte uns zusammen mit 81 weiteren Teams am ersten Tag durch das Schweizer Wallis und am zweiten Tag durch das Berner Oberland. Apropos Bern: Hier wurde übrigens die berühmte, zartschmelzende Schokolade erfunden, als 1879 ein Apotheker mit dem Namen Rudolf Lindt vergaß, die Rührmaschine auszustellen und so nebenbei das Conchier-Verfahren erfand – so der Mythos.
Zurück zur Rallye. Wir waren mit einem MGB (Baujahr 1972) am Start. Und süße Nervennahrung wie Schweizer Schokolade brauchten wir auch, Strecke und Wertungsprüfungen waren in diesem Jahr besonders anspruchsvoll.
Unter anderem mussten mein Beifahrer Till Waitzinger und ich folgende Aufgaben meistern:
- 18 m um eine Kurve in möglichst exakt 13 Sekunden fahren - Start und Ende der 13 Sekunden werden durch eine Lichtschranke markiert. Die Fahrerin fährt, Beifahrerin oder Beifahrer zählen in der Regel die Sekunden rückwärts mit Hilfe einer Stoppuhr.
- genau 12 m vor einem Hindernis zum Stehen kommen
- auf einer Strecke von einigen hundert Metern am Wegesrand versteckte Zahlen oder Buchstaben finden
Video: Zwei Tage OCC-Jungfrau-Rallye
Ringkuhkampf und Ski-Weltcup
Die Route der Oldtimer-Rallye ist Roadbook vorgegeben, aber nicht immer so einfach zu interpretieren, als würde man mit einem modernen Navi und Google Maps fahren. Hier kommt es auf einen guten Beifahrer an, der konzentriert und genau lotst. Mein Kollege Till hat das, das darf ich vorab verraten, meisterlich gemacht.
Der erste Rallye-Tag begann mit dem Transport ins Wallis. Unser MGB wurde per Autoverlad Lötschberg (Live Web Cam) dorthin transportiert, das ist ein Autozug, der in zwölf Minuten von Kandersteg nach Frutigen durch einen massiven Berg führt.
Dort angekommen, beeindruckt das Wallis mit anspruchsvollen Serpentinen durch atemberaubende Täler, mit massiven Bergwänden, die steil in die Höhe ragen. Die Einwohner des Kantons sprechen im Süden Französisch. Französische Lebensart und Gastfreundschaft werden hier groß geschrieben.
Der Tourismus ist im Wallis der wichtigste Wirtschaftssektor. Ob Ringkuhkampf, Weinprobe, Ski-Weltcup, Ice-Climbing, Literatur - und Jazzfestival – die Region geizt nicht mit Highlights. Zu der gehört natürlich auch unsere Jungfrau Oldtimer-Rallye.
Überraschendes am ersten Mittagsstopp: Direkt nach dem Mittagessen gab es eine Wertungsprüfung mit Lichtschranke, die zu Fuß absolviert werden musste. Innerhalb von 10 Sekunden galt es einen gebogenen Parkour möglichst auf die Millisekunde genau zu absolvieren, bevor es für die Rallyefans wieder in die Oldtimer durch die Berge ging.
Pech, wer kein Verdeck hatte
Das Wetter war an diesem ersten Rallyetag auf unserer Seite und verschonte uns mit den eigentlich vorhergesagten Regenschauern.
Am zweiten Rallyetag navigierte das Roadbook uns und die Oldtimer-Fahrerinnen durch das Berner Oberland. Hier konnten wir den Blick etwas weiter schweifen lassen, denn die Berge ragen nicht ganz so hoch und steil gen Himmel wie im Wallis. Am Vormittag wurden wir auch noch mit Sonnenschein beglückt, bevor es mittags zu regnen begann.
Hier waren wir im Vorteil, denn in unserem MGB konnten wir das Verdeck einfach schließen, das Wasser hatte keine Chance. Doch nicht alle Teilnehmer-Fahrzeuge waren mit einem Dach gesegnet. Vor allem die Vorkriegsfahrzeuge hatten kein Verdeck - das waren damals eben noch echte Schönwetterautos.
Unser MGB fühlte sich auf der Strecke sichtlich wohl, mit seinem Leergewicht von nur 934 kg und dem spritzigen 1,8 Liter Vierzylinder mit 95 PS ging ihm nie die Puste aus. Da wir bereits 2021 an der Jungfrau-Rallye teilnahmen, konnten wir diesmal mit Routine punkten. Das hat sich zum Schluss ausgezahlt: Platz 7 in der Gesamtwertung, wir waren unter den Top 10.
Fotos: OCC | Daniela Friedrich | Till Waitzinger
Unsere Autorin Daniela Friedrich im OCC-Fahrzeug, ein MG B von 1972
Die wichtigsten Utensilien für die Oldtimer-Rallye
Auf Oldtimer-Rallyes sind je nach Relgement verschiedene Hilfsmittel erlaubt. Bei Rallyes der Sanduhrklasse zum Beispiel dürfen keine technischen Hilfsmittel verwendet werden. Bei der OCC Jungfrau-Rallye ist allerdings die Zeitmessung auch mit einer elektronischen Stoppuhr oder dem Handy erlaubt. Die wichtigsten Utensilien neben dem Roadbook sind:
- zwei Stoppuhren
- Stift
- Ersatzstifte (denn mindestens einer geht verloren und einer geht kaputt)
- Wasser
- im Cabrio: Sonnencreme, Sonnenbrille und fehlt das Verdeck: ein großer Regenschirm!
Weitere Hilfsmittel sind:
- PostIts, um anstehende Wertungsprüfungen für die Fahrerin optisch vorzubereiten
- Klemmbrett als Schreibunterlage und zum Sortieren von einzelnen Zetteln
- Tripmaster oder eine Tripmaster-App
Die schönsten Bilder der OCC Jungfrau-Rallye 2022
Den zwei Damen hat es sichtlich Spaß gemacht