CH

Erfolgsstory OttoChrom: Warum verleihen so viele Menschen ihren Oldtimer?

IMG 5301 2 ROH
Beitrag teilen

Sei es der Wagen aus Kindheitserinnerungen, das persönliche Traumauto oder ein Klassiker, den man im letzten Kinofilm entdeckt hat: Den Traum, einmal selbst Oldtimer zu fahren, kennen sicherlich die meisten. Allerdings ist der Schritt zum eigenen Klassiker oft sehr groß oder gar nicht zu realisieren.

Daher haben sich die Unternehmer Harald Piendl und Dirk Salomon im Jahr 2020 entschieden, ihre Online-Marktplatz OttoChrom zu gründen. Dort können sich Klassikerfans tageweise Oldtimer von Privatpersonen mieten und die Fahrt im persönlichen Traumwagen realisieren.

Wir haben mit Harald Piendl und Dirk Salomon über ihren Weg der vergangenen Jahre gesprochen. Sie erzählen von den größten Hürden der Anfangszeit, den wichtigsten Schlüsselmomenten und der Auswahl an Fahrzeugen, die mittlerweile verfügbar ist.

Ottochrom 1 klein

Private Oldtimer vermieten: Alles nur eine Schnapsidee?

„Seid ihr denn verrückt geworden?“ Das war nur eine von vielen Aussagen, die sich die Gründer von OttoChrom nach der Gründung 2020 von Oldie-Besitzern anhören mussten. Ein weiterer Klassiker: „Es gibt zwei Dinge in meinem Leben, die ich niemals verleihen würde – meine Frau und mein Auto“. Bei manchen sei sogar das Auto als Erstes genannt worden, erzählt Co-Gründer Harald Piendl mit einem Augenzwinkern. „Um einen zusätzlichen Oldtimer oder Youngtimer auf unsere Webseite zu bekommen, mussten wir anfangs im Durchschnitt mit sieben Autobesitzern sprechen“, erzählt Dirk Salomon, der zweite OttoChrom-Gründer.

Viel Frustration in der Anfangszeit

An eine Begegnung im September 2020 erinnert sich Harald Piendl bis heute: „Das absolute Tiefpunkt war der Besuch des Besitzers eines VW Käfer in unserem Büro in Berlin. Ich habe über vier Stunden unser Geschäftsmodell rauf und runter gebetet, was wir alles tun, um das Auto zu schützen, wer wir sind usw. – aber ich war offenbar nicht überzeugend genug.“ Das „Ich überlege es mir“ des Oldtimer-Besitzers am Ende des Gespräches sei schon der erste Schlag gewesen. „Dass das Auto nie bei uns auf der Plattform auftauchte, war dann die Höchststrafe“, erinnert sich Piendl.

Es zeigte sich schnell, was bei innovativen Ideen häufig der Fall ist: Anfangs sind nur wenige Nutzer für den neuen Ansatz empfänglich, die breite Mehrheit folgt erst später – und nicht selten gar nicht. Zumal sich Dirk Salomon und Harald Piendl mit den mitunter sehr peniblen deutschen Autobesitzern in Deutschland wahrscheinlich eine recht schwierige Zielgruppe ausgesucht haben, um ein Carsharing-Konzept für klassische Automobile zu starten.

Durchbruch dank beeindruckender Schadensquote

Viel Mundpropaganda in der Community führte schließlich dazu, dass es für OttoChrom sukzessive einfacher wurde, zusätzliche Fahrzeuge auf ihren Marktplatz zu bekommen. Ein überzeugendes Argument für die Oldtimer-Anbieter ist insbesondere die Schadensquote bei OttoChrom. Trotz inzwischen mehrerer tausend Sharingvorgänge wurde bisher noch kein einziger Schadensfall gemeldet.

Neben dem großen Respekt, den die Fahrer den geliehenen Oldtimern entgegenbringen, helfen auch die zahlreichen Schutzmaßnahmen der Plattform: Es gibt keine Sofortbuchungen, sodass Besitzer und Interessent sich vorher digital über die OttoChrom-Website austauschen und kennenlernen können. Wer einen Oldtimer buchen möchte, muss stets Angaben über den Fahrtzweck und das Fahrtziel machen sowie seine Oldtimer-Erfahrung einschätzen. Bei manchen Fahrzeugen sind mindestens 15 oder 20 Jahre Führerscheinbesitz vorzuweisen, das absolute Minimum liegt bei 5 Jahren. Autobahnfahrten sind grundsätzlich untersagt.

„Der Interessent ist in der Rolle des Bewerbers – der Besitzer allein entscheidet, wer mit seinem Auto fahren darf und wer nicht“, sagt Salomon.

Oc bentley

Die richtige Person im richtigen Auto

Interessant: Die Selbsteinschätzung bei der Oldtimer-Erfahrung wird besonders häufig von den Fahrzeugbesitzern hinterfragt. Die meisten Interessenten erzählen dann bereitwillig, welche anderen Oldies sie schon gefahren sind oder dass sie gar selbst einen besitzen. Im Idealfall haben sie dies sogar schon bei der Bewerbung erwähnt. „Mancher Interessent mit vermeintlich viel Erfahrung wird aber dann plötzlich einsilbig und geht in der Regel leer aus“, erzählt Piendl.

Dieser Austausch im Vorfeld ist seitens OttoChrom gewollt: Das richtige Fahrzeug soll den richtigen Interessenten finden. Dabei betont Dirk Salomon: „Wenn jemand keinerlei Erfahrung mit Oldtimern hat, heißt das nicht, dass er kein Auto bei uns bekommt – aber er sollte nicht gleich mit einem Glas Goggomobil oder einem 1958er MGA mit unsynchronisiertem Getriebe starten. Da ist ein technisch weniger anspruchsvolles US-Car mit Automatik oder ein Fahrzeug aus den 1980er oder 1990er Jahren dann doch der bessere Einstieg“.

Bei allen Fahrzeugen obligatorisch: Eine intensive Einweisung in das Fahrzeug durch den Besitzer inklusive gemeinsamer Probefahrt.

40 Porsche 911, fast 100 Ford Mustang – aber noch viel mehr Bedarf

40 Porsche 911, fast 100 Ford Mustang – aber noch viel mehr Bedarf

Lagen die ersten Fahrzeuge bei OttoChrom hauptsächlich im Preiseinstiegsbereich, befinden sich mittlerweile auch hochwertigere Fahrzeuge auf dem Marktplatz von Salomon und Piendl. Erst vor kurzem wurde der bereits 40. Porsche 911 von seinem Besitzer auf der Website angeboten. Vom Porsche 356 finden sich deutschlandweit 10 Exemplare, der Jaguar E-Type ist fünfmal vertreten.

Aber auch Exoten wie ein Renault 5 GT Turbo, Monteverdi Safari oder DMC DeLorean (3 Exemplare) kann man bei OttoChrom buchen. „Beim Ford Mustang haben wir bald 100 Fahrzeuge im Angebot, aber wir könnten locker das Doppelte gebrauchen. Vor allem an den Wochenenden können wir die Nachfrage nicht bedienen“, sagt Harald Piendl.

Wenn in einer Region schon ähnliche oder gleiche Fahrzeuge vorhanden sind, sollte dies den Fahrzeugbesitzer nicht vom Hochladen seines Fahrzeugs abhalten. „Viele Interessenten haben spezielle Vorstellungen bei der Farbe, beim Baujahr oder bei der Motorisierung“. Für Geburtstagsgeschenke wird beispielsweise gern nach Fahrzeugen gesucht, deren Baujahr dem Geburtsjahr des Empfängers entspricht. Somit können viele ähnliche Fahrzeuge auch in derselben Region gut koexistieren.

Neue Zusammenarbeit mit OCC

Seit Anfang April 2023 kooperiert OttoChrom mit OCC als Versicherungspartner, denn die tageweise Vollkaskoversicherung ist das Herzstück des Geschäftsmodells. Diese Leistung ist bei der Grund-Versicherung des Fahrzeuges in der Regel nicht abgedeckt.

War OttoChrom anfangs auf Fahrzeuge mit einem Wert von 80.000 Euro limitiert, können nun auch Autos bis zu 150.000 Wert angenommen werden. Im oberen Wertbereich finden sich beispielsweise drei Mercedes-Benz 190 SL. „Wir sind sehr glücklich, dass wir den Marktführer für eine Zusammenarbeit gewinnen konnten. Über 15 Monate wurden wir von OCC und deren Mutter PROVINZIAL auf Herz und Nieren geprüft und für gut befunden“ so Harald Piendl zur Kooperation mit OCC.

Warum bieten Fahrzeugbesitzer ihren Klassiker bei OttoChrom an?

Das Oldtimer-Sharing lohnt sich auch für die Besitzer der Fahrzeuge: Gut nachgefragte Modelle können mehrere 1000 Euro pro Saison „einfahren“. Für viele Oldtimerfans ist das ein guter Grund, ihr Fahrzeug bei OttoChrom zu registrieren. Das Anbieten der Fahrzeuge ist übrigens kostenlos, erst bei erfolgreicher Buchung wird eine Gebühr von 15 Prozent des Mietpreises fällig.

Häufig sind es aber auch nicht-monetäre Gründe: Viele Teilnehmer am Oldtimer-Sharing besitzen mehrere Fahrzeuge, mit denen sie zu wenig fahren und denen sie über OttoChrom etwas Bewegung verschaffen. Auch neue Kontakte mit Gleichgesinnten zu knüpfen und eine gewisse Portion Besitzerstolz schwingen bei vielen „Chromianern“ mit. Darüber hinaus reizen die Teilnahme an OttoChrom Events (Oldtimerausfahrten für Firmen) und der Austausch mit anderen Oldtimerbesitzern.

Wer trotzdem noch etwas zögerlich ist, findet über die Nutzungsart „Foto, Film & Event“ einen sanften Einstieg bei OttoChrom. Bei dieser Vermietungsart warten spannende Videoproduktionen auf die Fahrzeuge: Jüngst war beispielsweise ein Ford Thunderbird in Berlin für eine bekannte Schweizer Uhrenmarke im Einsatz. Ein Ford Mustang durfte in Hamburg am neuen Videoclip der US-Sängerin Ava Max mitwirken – für den Besitzer gab es neben dem Honorar sogar ein „Meet & Greet“ und zwei Konzertkarten on top. „Oft fasst man so Vertrauen zum Sharing und gibt sein Fahrzeug im Laufe der Zeit dann auch für Selbstfahrer frei“, so Salomon.

Zur OttoChrom-Plattform geht es hier
Fotos: OttoChrom

IMG 5410 2 ROH

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren: